"Harte politische Arbeit"
Die Erleichterung stand vielen Politikern und Bürgern ins Gesicht geschrieben. Nach dem langen Tauziehen um Marschall 66 hat der Stadtrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause doch noch eine Mehrheit für das Schlüsselprojekt gefunden. „Die letzten Wochen und Monate waren wirklich harte politische Arbeit“, erklärte Bürgermeister Werner Arndt (SPD). „Das zähe Ringen um Mehrheiten aber auch die konstruktiven Verhandlungen haben sich am Ende gelohnt.“ Ein Dringlichkeitsantrag der FDP-Fraktion brachte die Wende. Nach langer Diskussion stimmte der Rat auf Antrag der CDU in geheimer Abstimmung bei einer Enthaltung mit 26 zu 15 Stimmen für die Vorschläge der Freien Demokraten. „Wir sind nie gegen Marschall 66 gewesen“, betonte Fraktionsvorsitzender Robert Heinze. „Uns kommt es darauf an, dass Bedingungen eingehalten werden.“
Verwaltung soll Fördermittel akquirieren
Der FDP-Antrag beinhaltet insgesamt acht Punkte. So soll das Projekt jetzt mit den geplanten Kosten von rund 22,3 Mio. Euro statt ursprünglich 15,2 Mio. Euro realisiert werden. Den Mehrkosten von ca. 7,1 Mio. Euro stimmte der Rat zu. Außerdem wurde die Verwaltung beauftragt, das Gremium über „etwaige Abweichungen der ermittelten Kosten- und Zeitrahmen“ zu informieren. Auch sollen Fördermittel akquiriert werden, um den Eigenanteil im städtischen Haushalt so gering wie möglich zu halten. Bürgermeister Werner Arndt wird zudem gebeten, die Aufgabenstruktur im Baudezernat bezüglich der Großprojekte zu prüfen. Die Sanierung des Rathauses und Marschall 66 sollen „priorisiert vorangebracht werden.“ Die Mehrkosten für das kulturelle Begegnungs- und Erlebniszentrum seien überdies in den Haushaltsplanungen bis 2026 nachzuweisen und zu dokumentieren.
"Lokalpolitik lebt von Kompromissen"
Darüber hinaus erhielt die Verwaltung den Auftrag, zukünftigen Beschlussvorlagen für Hochbau- und Sanierungsmaßnahmen „hinreichend sichere Kostenkalkulationen sowie eine realistische Planung der Bauzeiten“ beizufügen. Nicht zuletzt bestätigte der Bürgermeister mit dem FDP-Antrag, dass die Bauzeit von Marschall 66 voraussichtlich drei Jahren dauern wird. Werner Arndt: „Marschall 66 ist und bleibt eine einmalige Chance für die Stadtmitte. Wir werden alles daran setzen, das Projekt so gut und schnell wie möglich an den Start zu bringen.“ Die Gespräche mit den haushaltstragenden Fraktionen seien „nicht immer einfach gewesen“ und „mündeten auch schon einmal in eine Sackgasse.“ Werner Arndt: „Lokalpolitik lebt von Kompromissen. Am Ende muss jedes Ratsmitglied für seine Fraktion die Verantwortung tragen. Es ist ein Antrag formuliert worden, der mit der Zeit zum Wohle der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger gewachsen ist.“
Projekt ist zentraler ISEK-Baustein
Die ehemalige Hauptschule an der Kampstraße soll bekanntlich zum kulturellen Begegnungs- und Erlebniszentrum Marschall 66 umgebaut werden. Der Name Marschall 66 erinnert an den ehemaligen in Marl tätigen Architekten und Stadtplaner Günther Marschall. Das Projekt ist ein zentraler Baustein des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes ISEK 2025+ für die Entwicklung und Aufwertung der Stadtmitte. Mit dem Leitprojekt soll ein sogenannter „Dritter Ort“ geschaffen werden, an dem kommunale Einrichtungen kultureller Bildung und das Grimme-Institut zusammenwirken.
Marschall 66 wird mit rund 10,9 Mio. Euro aus Bundes- und Landesmitteln gefördert.
Weitere politische Stimmen zum Antrag:
Thomas Terhorst (CDU): „Wir können uns dem Dringlichkeitsantrag nicht anschließen und den Sinneswandel der FDP nicht verstehen. Hier wird insbesondere der Versuch gewagt, die Mehrkosten bei anderen Baumaßnahmen einzusparen. Ich frage mich, welche Projekte das sein sollen? Wir hatten im April ein Arbeitspapier mit konkreten Vorschlägen erarbeitet, wo kulturelle Einrichtungen in Zukunft anderweitig untergebracht werden könnten.“
Beate Künhenrich (WG Die Grünen): „Wir begrüßen ganz ausdrücklich, dass das Projekt Marschall 66 jetzt doch noch kommt. Mein Dank geht an die FDP für diesen richtigen und wichtigen Schritt. Wir haben mit den anderen Ratsfraktionen hart am Thema und an jeder Weiterentwicklung für das Kulturprojekt gearbeitet.“
Peter Wenzel (SPD): „Der Antrag der FDP ist ein wichtiges Papier für die Zukunft unserer Stadt. Es interessiert mich nicht, wie er zustande gekommen ist, sondern was er in Zukunft bewirkt. Mein Lob und Dank geht an alle beteiligten Fraktionen. Wir haben etliche Stunden miteinander geredet, beraten und gerungen, um Marschall 66 zu realisieren.“
Karl-Heinz Dargel (Fraktion Fokus Marl): „Wir unterstützen den FDP-Antrag und sehen ihn als echte Chance, das Marschall 66 nun wirklich ausgeführt wird. Das ist eine schöne Ratssitzung!“
Dr. Andreas Schützendübel (FDP): „Kompromisse machen bedeutet auch Kröten zu schlucken. Ein guter Kompromiss ist besser, als am Ende mit leeren Händen dazustehen. Ich erhoffe mir ernsthafte Sparbemühungen im Projekt und Umstrukturierungen innerhalb der Verwaltung.“