Rat beschließt Haushalt mit großer Mehrheit

Nach langen Beratungen hat der Rat der Stadt Marl am Donnerstag (12.12.) den Haushaltsplan für das Jahr 2025 mit den Stimmen von SPD, WG Die Grünen, Grüne Fraktion Marl und Fokus Marl verabschiedet. CDU und FDP lehnten das Zahlenwerk ab. Insgesamt gab es 26 Stimmen dafür, bei 15 Gegenstimmen und keiner Enthaltung.

Keine Genehmigung durch Aufsichtsbehörde

Bürgermeister Werner Arndt betonte in der letzten Ratssitzung des Jahres, dass der Haushalt keine Genehmigung durch den Kreis Recklinghausen als Aufsichtsbehörde erhalten kann: „Der verabschiedete Haushalt dient in finanziell herausfordernden Zeiten als wichtiges Signal des Rates an Verwaltung und Kommunalaufsicht, welche Maßnahmen mit Priorität weiterverfolgt werden sollen.“ Wichtige Investitionen in Schulen, in den Offenen Ganztag und Kindergärten müssen unbedingt fortgeführt werden. Werner Arndt: „Ich danke den haushaltstragenden Fraktionen für die am Ende ergebnisorientierten und konstruktiven Beratungen. Mit dem beschlossenen Haushalt können wir die Gespräche mit dem Landrat und der Kommunalaufsicht über die Freigabe von Haushaltsmitteln für wichtige Projekte und Vorhaben aufnehmen.“

Schwierige Beratungen

Der Haushaltsentwurf war im November in den Rat eingebracht worden. Unter Berücksichtigung der Änderungslisten weist der Ergebnisplan Gesamterträge von rund 349,2 Mio. Euro aus. Dem stehen Aufwendungen von circa 423,6 Mio. Euro gegenüber. Abzüglich eines globalen Minderaufwands von 8,1 Mio. Euro bleibt ein Defizit von etwa 66,2 Mio. Euro im laufenden Jahr. „Die Haushaltsberatungen gestalteten sich aufgrund der Auswirkungen von Inflation und wirtschaftlicher Entwicklung besonders schwierig“, erklärte Kämmerer Daniel Greb. „Wir haben deutliche Kostensteigerungen zu verzeichnen. Der größte Teil der Aufwendungen fließt in Aufgaben, zu denen die Stadt gesetzlich verpflichtet ist.“

Altschulden-Lösung: Nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“

Die Stadt steht finanziell mit dem Rücken zur Wand, finanzielle Hilfen von Bund und Land bleiben weiter aus. Werner Arndt: „Die Idee der Selbstverwaltung ist wunderbar. Aber dazu gehört für mich eben auch, dass wir in die Lage versetzt werden, die Lebensrealität vor Ort zu gestalten und daran hapert es gewaltig.“ Die Altschulden-Lösung sei nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“, vielmehr werde „eine Reform der Gemeindefinanzierung“ benötigt. Der Bürgermeister weiter: „Solange die kommunale Ebene nicht strukturell aufgabengerecht durch Land und Bund finanziert wird, ist die Leistungsfähigkeit der Kommunen – insbesondere die Wahrnehmung ihrer Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger – zunehmend gefährdet.“

Defizite auch in den Folgejahren

Kämmerer Daniel Greb blickt auch in Zukunft besorgt auf die Kassenlage seiner Stadt. „Die anhaltenden Krisen und wirtschaftliche Unsicherheiten hinterlassen ihre Spuren.“ Die Entwicklung vor allem in Folge der weltweiten Krisen wie Ukrainekrieg, Coronapandemie und Klimawandel „schränken die städtischen Handlungsspielräume auf Jahre ein.“ Daniel Greb: „Die Rahmenbedingungen verschlechtern sich leider deutlich, sodass der städtische Haushalt wohl auch in den Folgejahren Defizite ausweisen wird“. Zudem seien Aufgaben wie der Ganztag für Grundschulkinder, die Digitalisierung an Schulen oder die Versorgung von Geflüchteten „zwar unbestritten notwendig, aber strukturell unterfinanziert.“

Sammelantrag der haushaltstragenden Fraktionen

Die haushaltstragenden Fraktionen von SPD, WG Die Grünen, Fokus Marl und Die Grüne Fraktion stellten zum Haushaltsbeschluss gleich mehrere Anträge. So soll die Verwaltung unter anderem alle Maßnahmen des Radentscheids auf Förderfähigkeit und Realisierungszeitraum bewerten und priorisieren. Auch alle Projekte, die zum Erhalt der Infrastruktur dienen oder eine Aufgabenverpflichtung wie zum Beispiel Schulen und Kitas beinhalten, sollen seitens Stadt priorisiert werden. Darüber hinaus soll die Sanierung der Heinrich-Kielhorn-Schule „auf der Basis einer sinnvollen Abwägung baulicher Erfordernisse und finanzieller Möglichkeiten“ in Teilschritten begonnen und der weitere Bauverlauf unter den vorgenannten Vorbehalt gestellt werden. Die Anträge wurden mit breiter Mehrheit angenommen.

Infos und Unterlagen

Weitere Informationen zum Haushaltsplanentwurf und alle Unterlagen zur Ratssitzung erhalten Interessierte im Rats- und Bürgerinformationssystem online unter https://marl.gremien.info unter dem Menüpunkt „Haushaltspläne“ sowie im Kalender (33. Sitzung des Rates).

Die Stimmen zum Haushalt:

Peter Wenzel (SPD): 
„Keine Stadt im Kreis Recklinghausen schafft in 2025 den strukturellen Haushaltsausgleich. Auch der kommunale Haushalt der Stadt Marl ist mehr als besorgniserregend. Heute ist der Tag der Verantwortung, nicht der parteipolitischen Selbstdarstellung! Die Verschuldung bzw. die Erhöhung der Verschuldung ist unausweichlich. Sicherlich haben wir vor Ort unseren Beitrag zu leisten, den Schuldenstand einzudämmen. Dies ist die Aufgabe und Herausforderung für die kommenden Jahre und wird uns bei allen Beschlüssen im Rat begleiten.“ 

Thomas Terhorst (CDU):
„Wir stehen heute vor einem Haushalt, der nicht nur in Zahlen erschreckend ist, sondern auch ein Spiegelbild der politischen und administrativen Missstände in unserer Stadt darstellt. Marl hat ein neues Rekord-Defizit von 66 Millionen Euro. Das ist nicht nur ein trauriger Rekord im Kreis Recklinghausen, nein damit behalten wir die rote Laterne und bleiben das Sorgenkind unter allen zehn Städten im Kreis. Eine Altschuldenregelung wird unser Haushaltsproblem nicht lösen. Wir brauchen einen klaren Kurswechsel in der Stadt, keine Schuldzuweisungen auf andere.“

Michael Sandkühler (Grüne Fraktion Marl): 
„Wir beschließen über einen Haushalt, von dem wir bereits bei den letzten Haushaltsplanberatungen wussten, dass er weit in den roten Zahlen liegen wird und er bei der Aufsichtsbehörde kaum eine Chance auf Genehmigung hat. Wir wollen als Ratsmitglieder jetzt nicht sagen: ‚Dann lehnen wir uns jetzt zurück. Wir können sowieso nix machen.‘ Man kann auch gestalten, ohne viel Geld auszugeben und sogar noch Geld einsparen. Wir haben noch die Hoffnung, dass Bund und Land endlich realisieren, dass derjenige, der die Musik bestellt, sie auch bezahlen muss.“

Robert Heinze (FDP):
„Wir haben uns diesmal nicht an einem gemeinsamen Antrag mit anderen Fraktionen beteiligt. Zu hohe Kosten im Jugendbereich, Radentscheid, Sanierung der Kielhorn-Schule oder des Rathauses – diese Beispiele zeigen, dass wir selbst viel in der Hand haben, unsere Finanzen mitzugestalten. Denn man muss schon sehr die Augen vor der Realität verschließen, um nur auf das große Wunder der Altschuldensanierung zu warten, und gleichzeitig weiter ungehemmt an vermeintlichen Leuchttürmen und Denkmälern zu planen. Und die Verschuldung weiter in die Höhe treiben.“

Beate Kühnhenrich (WG Die Grünen): 
„Mit den vorgelegten Zahlen kann niemand zufrieden sein, das Haushaltsergebnis ist nicht nur frustrierend, sondern es gibt auch kein Licht mehr am Horizont. Wir schauen mit Sorge, aber auch mit Hoffnung in die Zukunft. Der Haushalt ist ein Gerüst, mit dem sich arbeiten lässt. Große Hoffnung setzt unsere Fraktion auf die Ansiedlung des Thalia-Konzerns auf dem Gate-Ruhr-Gelände. Auch Marschall 66 ist ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Sicherung und Weiterentwicklung unserer kulturellen Einrichtungen.“

Markus-Julius Maximus Alinaghi (Fraktion für Marl):
„Die Entwicklung des Marler Haushaltes mit einem erneuten Minus das seines Gleichen sucht – in Höhe von 66 Mio. Euro – ist die logische Konsequenz einer völlig verfehlten Politik zu Lasten der nachfolgenden Generationen. Die Gesamtverschuldung der Stadt Marl liegt aktuell bei 383 Mio. Euro, und der Sanierungsstau in dieser Stadt steigt von Jahr zu Jahr an. Der vorgelegte Haushalt ist aus meiner Sicht nicht genehmigungsfähig und daher im Sinne der Bürgerschaft abzulehnen.“

Karl-Heinz Dargel (Fokus Marl):
„Was in der kommenden Dekade auf Marl zukommt wird nur lösbar, wenn eine Mehrheit sich für Zusammenarbeit und der Suche nach Lösungen aufmacht. Das ist für 2024 gelungen, eine Mehrheit wird den Haushalt tragen. Tragen im Sinne von Verantwortung übernehmen für Maßnahmen, die heute noch nicht alle definiert sind, die in der Folge aber unweigerlich auf uns zukommen. Der Haushalt besteht größtenteils aus Pflichtleistungen. Da ist nicht viel Spielraum zur Veränderung. Land und Bund müssen überbordenden Gesetzen und Bürokratie Einhalt gebieten.“

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Mit den Stimmen von SPD, WG Die Grünen, Grüne Fraktion Marl und Fokus Marl hat der Stadtrat gestern den Haushalt 2025 verabschiedet. Das Zahlenwerk weist ein Defizit von 66,2 Mio. Euro aus. Bürgermeister Werner Arndt fordert eine Reform der Gemeindefinanzierung. Foto: Stadt Marl / J. Metzendorf