Rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr steht die Marler Rettungswache den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung. Rettungssanitäterinnen und -sanitäter, Rettungsassistenten und seit einigen Jahren Notfallsanitäter und -sanitäterinnen sind dafür im Einsatz. Eine von ihnen ist Katrin Wüller. Die 37-jährige Polsumerin steht als ständige Vertreterin der Rettungswache nicht nur an verantwortlicher Position, sondern fährt selbst auch noch Einsätze und ist vor allem Ausbilderin im Praxisbereich für den Nachwuchs.
Aufgaben und Ausbildung unterschiedlich
Doch was unterscheidet die drei unterschiedlichen Berufsgruppen überhaupt, warum sind Stellen unbesetzt? „In erster Linie sind es die Art der Aufgaben und die veränderte Ausbildung“, weiß Katrin Wüller. Während der Rettungssanitäter lediglich einen Lehrgang von 520 Stunden durchführen muss, dauerte die Ausbildung zum Rettungsassistenten bisher zwei Jahre. Dementsprechend war der Rettungsassistent für die Notfallversorgung des Patienten zuständig, durfte einen Einsatz leiten, der Sanitäter lediglich unterstützen und als Fahrer eingesetzt werden.
Stadt bildet verstärkt selber aus
Mittlerweile hat sich einiges geändert. Der Notfallsanitäter als höchste nichtärztliche Qualifikation im Rettungsdienst hat die Ausbildung zum Rettungsassistenten abgelöst und ist auch ein anerkannter Ausbildungsberuf. Drei Jahre müssen die Auszubildenden nun büffeln. Darin könnte auch eine Ursache des Personal-Vakuums liegen. „Vor der Einführung des Berufsbildes des Notfallsanitäters konnten sich Rettungssanitäter mit geringem Aufwand zwar zum Rettungsassistenten weiterbilden, jetzt zum Notfallsanitäter allerdings nicht mehr.
Anschließend wurden in der Übergangszeit die Rettungsassistenten zu Notfallsanitätern weitergebildet, in der Zwischenzeit wurde allerdings kein neues Personal ausgebildet. Dieses Loch müssen wir nun füllen“, sagt Rainald Pöter. Und Michael Bach ergänzt: „Deshalb bilden wir verstärkt selber aus, um so unseren Nachwuchs sicherzustellen.“
Notwendige Personalstärke wächst
Zudem sei die notwendige Personalstärke größer geworden, weil es schlichtweg mehr Einsätze gebe - und die Einsätze dauern wegen der aufwendigen Vor- sowie Nachbereitung (Desinfektion ist da nur ein Thema) länger. Da ist Marl im Kreis Recklinghausen kein Einzelfall. Gleichwohl besteht aber die Möglichkeit für Rettungsassistenten, sich bis zum 31. Dezember 2023 je nach Berufserfahrung zum Notfallsanitäter weiterzubilden. Ab 2027 darf nach jetzigem Stand nämlich nur noch ein Notfallsanitäter Einsätze leiten. Allerdings wäre mit der höheren Ausbildung bei gestiegener Verantwortung auch mehr Gehalt verbunden.
"Beruf und Privates trennen"
Katrin Wüller will aber auch gar nicht verhehlen, dass die Arbeit als Notfallsanitäter überaus anspruchsvoll und mitunter belastend ist. Auch deshalb gebe es eine gewisse Fluktuation in andere Berufe. „Man muss Privates vom Beruflichen strikt trennen, um die Einsätze und die damit verbundenen Schicksale nicht mit nach Hause zu nehmen. Zudem gibt es permanente Wechselschichten und eine körperliche Belastung“, sagt sie. Der Job ist aber auch vielschichtig, abwechslungsreich, spannend und trägt dazu bei, anderen Menschen zu helfen.
43,5 statt 48 Stunden in der Woche
Die Ausbildung ist nicht nur deshalb gerade in Marl beliebt. Nochmals die 37-jährige Polsumerin: „Das könnte auch darin liegen, dass wir hier in Marl als erste Kommune im Kreis RE die Wochenarbeitszeit im Gegensatz zu anderen Städten von 48 auf 43,5 Stunden reduziert haben. Außerdem planen wir unsere Dienste rund ein Jahr im Voraus. So weiß jede Kollegin und jeder Kollege, wann sie oder er Dienst hat. Das sei nicht nur familienfreundlich, sondern auch für Singles ein Anreiz.
Rund-um-die-Uhr-Versorgung muss gesichert sein
Im kommenden Jahr sollen drei weitere Neu-Azubis hinzukommen, im gesamten Kreis dann 40, um das Team der Rettungswache mit derzeit 32 Frauen und Männern zu unterstützen. Apropos unterstützen: Um die Rundum-Versorgung zu gewährleisten, sind auch Kollegen vom Brandschutz mit im Einsatz. Alle der 72 Feuerwehrleute haben auch mindestens eine Qualifikation als Rettungssanitäter und können hinter dem Lenkrad der Fahrzeuge sitzen und Notfalleinsätze begleiten – so wie Katrin Wüller, die auch nach mehr als 10.000 Einsätzen mit Leib und Seele Notfallsanitäterin ist.