Gutachten zum Rathaus liegt vor

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Das Vorhaben „Soziale Stadt im Zentrum“ soll städtebauliche und soziale Projekte ermöglichen. Ein Kernpunkt ist die Sanierung des Rathauses, die ca. 39 Mio. Euro kosten würde.

 

Die Stadt Marl sucht nach Wegen, den Investitionsstau im Stadtzentrum zu beheben und die Wohn- und Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Grundlage für das geplante Erneuerungsprogramm soll ein integriertes Handlungskonzept für die Stadtmitte sein. Während die Verwaltung daran intensiv arbeitet, liegt das vom Rat beauftragte Gutachten zur Sanierung bzw. zum Neubau des Rathauses bereits vor.

Sanierung ist wirtschaftlicher
Die Gutachter der Assmann-Gruppe (Dortmund), eines der führenden Planungs- und Beratungsunternehmen im Bauwesen in Deutschland, und der Deka Kommunal Consult GmbH (DKC), die Kommunalberatungs-gesellschaft der Deka Bank, kommen dabei mit Unterstützung der verwaltungsinternen Arbeitsgruppe Rathaussanierung zu zwei zentralen Ergebnissen:  Die Sanierung des Rathauses ist „nach allen methodischen Betrachtungen wirtschaftlicher als ein Neubau an gleicher Stelle“, und auch die bauliche und finanzielle Umsetzung in Kooperation mit einem privaten Vertragspartner („Paketlösung“)  rechnet sich. In Zahlen bedeutet das: Die für die nächsten Jahre prognostizierten Kosten für die Sanierung belaufen sich bei der Paketlösung auf knapp 39 Millionen Euro gegenüber ca. 50,5 Millionen Euro für einen Neubau. Die Kosten für die Sanierung bzw. einen Neubau in städtischer Regie würden dagegen 44,6 Mio. Euro bzw. fast 58 Mio. Euro betragen. Das Zahlenwerk wurde vom Finanzministerium NRW bestätigt, das eine Wirtschaftsprüfungs­gesellschaft mit der Prüfung beauftragt hatte.

Die Stadt, so die Empfehlung aus dem Gutachten, sollte demnach eine Sanierung angehen und als Komplettpaket ausschreiben.

Gutachten als verlässliche Diskussionsgrundlage
„Mit dem Gutachten verfügen wir über eine verlässliche Grundlage für die Diskussion über die Zukunft unseres Rathauses, die wir offen und transparent führen wollen“. Auch wenn die Kosten „unsere kühnsten Vorstellungen übersteigen“, sollte „das Vorliegen einer realistischen und verbindlichen Kostenberechnung als Chance begriffen werden, den Blick nach vorn zu richten und jetzt alle Möglichkeiten zu einer Finanzierung konsequent und zielgerichtet auszuloten“. 

Rathaus mit identitätsstiftender Funktion
Das Rathaus, das in den 60er Jahren nach den Plänen der niederländischen Stararchitekten van den Broek und Bakema gebaut wurde, sei „architektur­geschichtlich von herausgehobener Bedeutung und ein Sinnbild für die Entwicklung unserer Stadt“. Die „offene und transparente Architektur“ bringe das „Selbstverständnis einer demokratischen Gesellschaft mündiger Bürger“ baulich zum Ausdruck. Das Rathaus sei „das Herz des Stadtzentrums“ und habe „eine wichtige identitätsstiftende Funktion für die Stadtgemeinschaft“. 

Dringender Handlungsbedarf
Dass dringender Handlungsbedarf besteht, steht außer Frage. Das Gebäude und insbesondere die beiden Rathaustürme sind äußerlich und innerlich erheblich in Mitleidenschaft gezogen, die Haustechnik aus den 60er Jahren ist von heutigen Standards meilenweit entfernt, ganz zu schweigen von der Wärmedämmung, die zur Bauzeit des Rathauses kein Thema war. Nach erfolgreicher Sanierung mit neuen Raumzuschnitten sollen auch die Mitarbeiter der Bauverwaltung aus dem Bautum an der Liegnitzer Straße ins Rathaus einziehen, ebenso wie das Job-Center, das seine Leistungen dann gemeinsam mit dem Sozialamt unter ein- und demselben Dach – im „Haus der sozialen Leistungen“ - anbieten kann. 

Finanzierung ist darstellbar
Nach einer ersten Einschätzung könnte die Stadt, die zu den Stärkungspakt­gemeinden in Nordrhein-Westfalen gehört, für die Rathaus-Sanierung mit Zuschüssen “im hohen einstelligen Millionenbereich“ aus den aktuellen Förderprogrammen Soziale Stadt oder Stadtumbau West für die energetische Sanierung und die barrierefreie Umgestaltung rechnen. Bei einem Neubau des Rathauses ist mit öffentlichen Mitteln nicht zu rechnen.
Trotz erheblicher Kreditaufnahmen für eine Rathaus-Sanierung müsste Marl nach Ansicht von Stadtkämmerer Michael Dinklage in den kommenden Jahren auf zusätzliche Investitionen nicht verzichten. „Wir werden weiterhin in den Bau von Kitas, Schulen und Sportstätten investieren können“, so Dinklage. „Entscheidend wird sein, dass die Vorgaben des Stärkungspaktes eingehalten werden“.

Ziel ist umfassendes Erneuerungsprogramm fürs Stadtzentrum
Die Sanierung des Rathauses soll kein isoliertes Vorhaben, sondern vielmehr eingebettet sein in ein umfassendes Erneuerungsprogramm für das Stadtzentrum. Grundlage dafür wird ein integriertes Handlungskonzept sein, das alle Lebens- und Wohnbereiche berücksichtigt. An dem Konzept wird bereits intensiv gearbeitet. Die Überlegungen knüpfen an das Programm „Stadtumbau West“ von 2005 an, in dessen Rahmen u.a. der Rathaussee erneuert wurde, und zielen darauf ab, ein umfassendes Maßnahmenpaket „Soziale Stadt Stadtmitte“ nach dem erfolgreichen Vorbild der „Sozialen Stadt Hüls-Süd“ zu verwirklichen. Allein in die Umgestaltung des Quartiers im Südosten Marls sind seit 2008 insgesamt vier Millionen Euro an Fördergeldern geflossen, die z.T. erhebliche private Investitionen im Wohnungsbau nach sich zogen.

Städtebauliche Aufwertung und Verbesserung sozialer Strukturen
Diesmal geht es - neben der Sanierung des Rathauses – um die Überplanung und Nachfolgenutzung des Geländes mit dem maroden Hallenbad, der benachbarten ehemaligen Hauptschule sowie um Verbesserungen im Umfeld des Einkaufszentrums „Marler Stern“  und der Wohnquartiere „Wohnen Ost“ und „Merkurstraße“, einschließlich der Förderung nachbarschaftlicher und sozialer Strukturen. Angestrebt wird darüber hinaus  auch eine engere städtebauliche Verknüpfung des Stadtzentrums mit den Stadtteilen Drewer und Brassert, zum Beispiel mit Wegeverbindungen entlang der zahlreichen Skulpturen aus der Sammlung des Skulpturenmuseums Glaskasten. Eine öffentliche Informationsveranstaltung für interessierte Bürgerinnen und Bürger mit anschließenden Workshops ist für Mitte Mai vorgesehen.

„Den Blick wieder stärker in die Zukunft richten“
Von einem Programm „Soziale Stadt Stadtzentrum“ auf der Grundlage des integrierten Handlungskonzeptes erhofft man sich im Rathaus „erhebliche zusätzliche Zuwendungen“, die auch der Sanierung des Rathauses zu Gute kommen und vor allem der Bauwirtschaft in der Region neue Impulse geben könnten.
Auch wenn die erforderlichen Investitionen vermutlich „in utopische  Dimensionen“ vorstoßen und eine Finanzierung für Marl als Stärkungspaktkommune zunächst nicht in Sicht ist, hält Bürgermeister Werner Arndt es angesichts des sichtbaren Investitionsstaus im Stadtzentrum für dringend geboten, „den Blick wieder stärker in die Zukunft zu richten“ - und zitiert den französischen Journalisten und Politiker Jean-Jacques Servan-Schreiber: „Man muss an Utopien glauben, um sie verwirklichen zu können“.

Intensive Gespräche über Handlungskonzept und Rathaussanierung 
Werner Arndt will jetzt auf der Grundlage des Rathaus-Gutachtens zunächst intensive Gespräche mit den Fraktionen im Rat der Stadt und der Kommunalaufsicht führen. Wenn im Herbst das integrierte Handlungskonzept für das Stadtzentrum vorliegt und insgesamt Klarheit über den Umfang der öffentlichen Förderung besteht, soll im Rat eine Entscheidung zur Sanierung des Rathauses herbeigeführt werden.

 

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Auf der Grundlage eines umfassenden Handlungskonzepts soll der Investitionsstau im Stadtzentrum aufgelöst und die Wohn- und Lebensqualität verbessert werden. Foto: Stadt Marl / J.Metzendorf

Ein zentraler Baustein ist die Sanierung des Rathauses, die laut Gutachten ca. 39 Mio. Euro kosten soll und bei weitem wirtschaftlicher ist als ein Neubau an gleicher Stelle.