Rathaussanierung: Bürgerbegehren ist rechtlich nicht zulässig

Das Bürgerbegehren „Rathaussanierung stoppen!“ hat das erforderliche Quorum an gültigen Unterschriften erreicht, ist aus Sicht der Verwaltung aber rechtlich nicht zulässig, da es nicht rechtzeitig eingereicht wurde und außerdem die Fragestellung zu ungenau ist. Zu diesem Ergebnis ist die Verwaltung bei der Prüfung des Bürgerbegehrens gelangt.

Die Verwaltung empfiehlt dem Rat der Stadt daher, die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen. Über die Zulässigkeit wird der Rat in seiner Sitzung am 11. April entscheiden.

Zwei Tage zuvor steht das Thema „Sachstandsbericht Bürgerbegehren“ auf der Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses. Dort sollen die Initiatoren, die heute (03.04.) zeitgleich über die Prüfergebnisse informiert wurden, zu Beginn der Sitzung die Gelegenheit haben, ihre Position darzustellen. „Für den Fall, dass der Rat die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellt, sieht die Gemeindeordnung nicht vor, dass den Initiatoren in der Ratssitzung die Möglichkeit zur Erläuterung ihres Ansinnens gegeben wird“, sagte Bürgermeister Werner Arndt bei der Vorstellung der Prüfergebnisse im heutigen Pressegespräch. „Deshalb wollen wir den Initiatoren diese Möglichkeit im Rahmen des Haupt- und Finanzausschusses eröffnen“.

Quorum wird erreicht

Zu den Ergebnissen gehört, dass das Bürgerbegehren die erforderliche Anzahl der Unterstützungsunterschriften erreicht hat. Von den 5.144 Unterschriften, die der Verwaltung am 22. Februar 2019 von den Initiatoren überreicht worden waren, mussten 567 ausgesondert werden. Mit den 4.577 als gültig anerkannten Unterschriften wird das nach der Gemeindeordnung erforderliche Quorum von 4.118 erreicht. Die Unterschriften wurden anhand von Einwohnermeldedaten geprüft.

Begehren "neutral, fair und gewissenhaft begleitet“

„Die Verwaltung hat das Bürgerbegehren in den Grenzen ihrer Mitwirkungspflicht zu jeder Zeit neutral, fair und gewissenhaft begleitet“, sagt Verwaltungschef Werner Arndt. So habe die Verwaltung vorsorglich eine auf öffentliches Recht spezialisierte Anwaltskanzlei mit einer Vorprüfung des Bürgerbegehrens beauftragt und den Initiatoren frühzeitig mitgeteilt, dass das Bürgerbegehren aus Sicht der Verwaltung nicht zulässig sei.

Begehren bezieht sich nicht auf Grundsatzbeschluss

Die renommierte Kanzlei war zu dem Ergebnis gelangt, dass das Bürgerbegehren nicht rechtzeitig eingereicht wurde. Das Bürgerbegehren beziehe sich auf den Beschluss des Rates vom 27. September 2018 zu den Sanierungskosten für das Rathaus. Dieser Beschluss sei jedoch als Fortführungsbeschluss zu bewerten. Den Grundsatzbeschluss zur Sanierung des Rathauses habe der Rat bereits 19.11.2015 mit der Entscheidung über das integrierte Handlungskonzept für die Stadtmitte getroffen. „Auch wenn dieser Beschluss im Laufe der Folgejahre durch weitere Beschlüsse aufgegriffen und konkretisiert wurde, stellt er gleichwohl den Beginn des Vorhabens Rathaussanierung dar“, heißt es dazu in der Verwaltungsvorlage für den Stadtrat.

Der Rat habe die Sanierung mit der nachfolgenden Entscheidung zu den Sanierungskosten nicht in Frage gestellt. Auch in dem Ratsbeschluss vom 27.09.2018, auf den sich das Bürgerbegehren bezieht, sei es nicht um eine Entscheidung für und wider die Rathaussanierung gegangen, „sondern nur um Entscheidungen innerhalb des laufenden Sanierungsvorhabens bzw. dessen Fortführung“, führt die Verwaltung weiter aus. „Die baulichen, inhaltlichen oder funktionalen Rahmenbedingungen der Rathaussanierung weichen nicht derart von den Maßgaben des Grundsatzbeschlusses aus dem Jahre 2015 ab, dass von einer veränderten Sachlage (…) gesprochen werden könnte“.

Fragestellung ist nicht „hinreichend bestimmt“

Darüber hinaus ist das Bürgerbegehren aus Sicht der Verwaltung auch deshalb nicht zulässig, weil die Fragestellung nicht eindeutig und nicht hinreichend bestimmt ist. Die Fragestellung des Begehrens lautet: „Soll der Beschluss des Rates der Stadt Marl vom 27.09.2018 aufgehoben, die Sanierung des Rathauses gestoppt werden, und stattdessen lediglich der Ratstrakt saniert und auf Grundlage einer Analyse des tatsächlichen Raumbedarfs ein Neubau errichtet werden?“   

Diese Frage „lässt insbesondere bezüglich ihres letzten Teils, welcher sich mit dem Neubau des Rathauses befasst, nicht eindeutig erkennen, für welche Maßnahmen sich der das Bürgerbegehren unterstützende Bürger entscheidet“, stellt die Verwaltung fest. „Fragen der Planung, des Umfangs der umzusetzenden Maßnahme und des Standortes bleiben ungeklärt und offen“. Die Bürgerinnen und Bürger müssten aber schon aus der Fragestellung erkennen können, für oder gegen was sie konkret ihre Stimme geben. Die hinreichende Bestimmtheit der Fragestellung eines Bürgerbegehrens sei „von überragender Bedeutung“. Diese Bestimmtheit sei nicht gegeben. „Zahlreiche weitergehende Fragen zur konkreten Umsetzung eines Neubaus drängen sich auf und wären im Falle eines Bürgerentscheides im Anschluss durch den Rat selbst zu beantworten.“

„Situation im Rathaus ist nicht länger zumutbar“

Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens trifft der Rat der Stadt am 11. April. Unabhängig von der Entscheidung gibt es nach Auffassung von Bürgermeister Werner Arndt keine Alternative zum Freiziehen des Rathauses und zur Unterbringung der Bediensteten in anderen Gebäuden. „Die räumliche Situation im Rathaus ist aufgrund des Sanierungsbedarfs für Besucher und Beschäftigte nicht länger zumutbar“.

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Am 11. April entscheidet der Rat der Stadt über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Rathaussanierung. Foto: Stadt Marl / S. Feind