890 - Erste urkundliche Erwähnung
Die erste urkundliche Erwähnung von Marl findet sich im Urbar (Heberegister) des Benediktinerklosters von Werden im Süden von Essen. Dort wird in Zusammenhang mit einer Schenkung der Ort "Meronhlare" erwähnt. Aus der Ortsbezeichnung entstehen später (ebenfalls in den Urbaren des Klosters Werden) die Namen "Marlar", dann "Maerl" oder Marler und schließlich Marl.
Im Latein des frühen Mittelalters ist im Heberegister folgender Eintrag zu lesen (s. vierter Absatz in der abgebildeten Urkunde): "Dagubraht tradidit pro anima sua in Meronhlare Uualtfridi familiam. unde census nouem mod. ordei et nouem mod. de sigilo et V mod. bracij e pro heribanno VIII den".
Frei übersetzt bedeutet der Text etwa: "Dagubraht übergab für sein Seelenheil in Meronhlare die Hofgenossenschaft des Ualtfridi, woher die Abgabe kommt, bestehend aus neun Maß Gerste und neun Maß Roggen und fünf Maß Malz oder Braungerste und als Steuer acht Denare (Silbermünzen)."
In dem Urbar (Register) werden die damaligen Besitztümer des Klosters Essen-Werden einschließlich der Einkünfte und der Schenkungen beschrieben. Bei der Schenkung Dagubrahts – er war vermutlich ein sächsischer Adeliger, der dem Kloster Werden einen Hof einschließlich der Familie des Bauern mit seinem Gesinde schenkte – taucht als Ortsbezeichnung Meronhlare auf, aus dem später, im Jahre 1412, ebenfalls in den Urbaren des Klosters, Marlar, dann Maerl oder Marler und schließlich Marl wird.
Literaturhinweis:
Mit der ersten urkundlichen Erwähnung beschäftigt sich Dr. Ulrich Brack in seinem Beitrag "Marl 890" im "Marler Jahrbuch 1990/91". Das Jahrbuch befindet sich im Bestand des Stadtarchivs und kann dort eingesehen werden.
Über die Wasserburg ist nur wenig bekannt. Erbauer war vermutlich die Familie von Loe. Ab 1359 jedenfalls trägt die ursprünglich "Strevelsloe" genannte Burg den Namen "Haus Loe".
Marl war geschichtlich und politisch Bestandteil des zwischen Emscher und Lippe gelegenen Gebietes Vest Recklinghausen, das nicht nur kirchlich, sondern auch weltlich zum Herrschaftsbereich des Kölner Erzbischofs gehörte. Die landesherrliche Hoheit des Erzbistums Köln endete 1802 mit der sogenannten Säkularisation. Nach französischer Besetzung und dem Ende der Herrschaft Napoleons wird Marl 1815 preußisch.
Die Verfügung der Königlichen Regierung in Münster vom 31. Oktober 1841 ordnete für die nunmehr zu einer Kommunalverwaltung vereinigten Kirchenspiele (nachstehend nur noch Gemeinden genannt) Marl, Dorsten, Polsum und Hamm die amtliche Bezeichnung "Amt Marl" an. Im Haus Hochstraße 7 richtete sich der Amtmann seine "Amtsstube" ein. Für die Verwaltung des "Amtes Marl" reichte damals ein Raum aus.
August Stein und Julius Schäfer aus Düsseldorf gründeten 1898 die Gewerkschaft "Auguste Victoria" mit Sitz in Düsseldorf und übertrugen ihr die beiden Grubenfelder "Hansi 1" und "Hansi 2". 1903 wird der Sitz der Verwaltung nach "Hüls bei Recklinghausen" verlegt. Zuvor hatten am 1. Mai 1900 die Teufarbeiten begonnen. Ende 1905 nahm Schacht AV 1 die Förderung auf. Namengeberin für das Marler Bergwerk war Auguste Victoria (1858 - 1921), die letzte deutsche Kaiserin und Gattin Kaiser Wilhelms II. Heute fördern die Bergleute die Kohle mit modernster Technik aus über 1.000 Metern Tiefe. Auguste Victoria gehört zu den leistungsfähigen Förderstandorten der RAG Deutsche Steinkohle. Das Bergwerk ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und der zweitgrößte Ausbilder in der Region.
Im Jahre 1905 erfolgte im Anschluss an die erfolgreichen Bohrungen in Marl die Gründung der "Gewerkschaft Brassert", benannt nach Hermann Brassert, dem "Vater" des allgemeinen Berggesetzes von 1865. 1910 wurde die Kohleförderung aufgenommen, in den 50er Jahren arbeiteten bis zu 5 000 Menschen "auf Brassert". Nach Schließung der Zeche 1972 entstand auf gut zwei Dritteln des ehemaligen Zechengeländes in Marl-Brassert das Gewerbegebiet Zechenstraße, ca. ein Drittel nimmt heute das Freizeitgelände Brassert ein. Einige der Zechengebäude blieben erhalten. In der ehemaligen Markenkontrolle haben ein Atelier und das Fahrradbüro der Stadt Marl ihren Platz gefunden.
Mit der Auflösung des Amtes Recklinghausen am 1. April 1926 konnte sich die Gemeinde Marl durch den Zuwachs der Ortschaften Sinsen und der Ortschaften Hüls, Lenkerbeck und Löntrop im Osten stark vergrößern und wurde somit zum Großamt.
In den 30er Jahren waren auf Grund der Struktur, Siedlungsform, Einwohnerzahl usw. die Voraussetzungen für die Stadtwerdung Marls gemäß der "Deutschen Gemeindeverordnung vom 30. Januar 1935" erfüllt. Das Recht, sich "Stadt" nennen zu dürfen, erhielt Marl am 20. April 1936 vom Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, Freiherr von Lüninck. Die Stadtwerdung war kein Gunstbeweis der nationalsozialistischen Machthaber, sondern ein normaler Verwaltungsakt.
Am 9. Mai 1938 wurde in Frankfurt am Main die "Chemischen Werke Hüls" als gemeinsames Unternehmen der IG-Farbenindustrie AG (74%) und der Bergwerksgesellschaft Hibernia (26%) mit einem Stammkapital von 30 Mio. Reichsmark gegründet. Der Höchststand der Beschäftigung wurde 1970 mit 15.370 Beschäftigten erreicht. 1985 wurde der Firmenname "Chemische Werke Hüls" in "Hüls AG" geändert. Heute gehören zum Chemiepark Marl ca. 30 Unternehmen, darunter mehrere Unternehmen der Evonik Degussa GmbH.
Für das Rathaus wurde 1958 ein beschränkter Wettbewerb ausgeschrieben, an dem u.a. die bekannten Architekten J.H. van den Broek und J.B. Bakema aus Holland, Hans Scharoun (Berlin), Arne Jocobsen aus Dänemark und Alvar Aalto aus Finnland teilnahmen. Die Niederländer erhielten den 1. Preis. Am 10. November 1960 wurde der Grundstein für den Bau des Rathauses feierlich gelegt. Zunächst waren vier Türme vorgesehen, von denen schließlich nur zwei gebaut wurden. Das Rathaus gilt bis in die heutige Zeit als "kühne Konstruktion aus Stahlbeton" (Architektur im Ruhrgebiet: Kreis Recklinghausen, 1986).
Mit der kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1975 wurde das alte Amt Marl als Gemeindeverband aufgelöst und die Stadt Marl mit kaum verändertem Grenzverlauf neu gebildet.
Um die bauliche Entwicklung der Stadtmitte zu vervollständigen, lobte die Stadt Marl Anfang 1988 einen Architektenwettbewerb mit dem Titel "Wohnen im Stadtkern Marl" aus. Erster Preisträger dieses Wettbewerbs wurde das Büro Prof. Wolfgang Pohl und Partner aus München / Düsseldorf. Nach dessen Plänen wurde 1994 die sog. Stadtkernerweiterung begonnen, die Halbrundbebauung an der S-Bahn S 9 errichtet und 1998 der nördliche Abschnitt der Bergstraße im Stadtzentrum vollständig umgestaltet. 2005 konnte der neue zentrale Busbahnhof in Betrieb genommen und die Neu-gestaltung der südlichen Bergstraße abgeschlossen werden. 2008 schließlich wurde der ehemalige Busbahnhof zum Forum umgestaltet.