Westerweiterung: Evonik ist gesprächsbreit

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Selten war bei einem Wirtschaftsempfang der Stadt Marl ein Thema so präsent wie gestern die Westerweiterung des Chemieparks. Und selten wurden Positionen so offen ausgetauscht und eine deutliche Nachricht transportiert: Evonik wird sich der Erschließung und Vermarktung des Erweiterungsgeländes nicht verschließen.

Neuauflage des Wirtschaftsempfangs

Nach mehrjähriger Pause hatte die Stadt Marl wieder zu einem Wirtschaftsempfang ins Rathaus geladen. Der mit Spannung erwartete Auftritt von Evonik-Chef Dr. Klaus Engel fiel allerdings aus, weil der Konzernchef kurzfristig einen Gesprächstermin mit der Landesregierung hatte, wie zu erfahren war. An seiner Stelle hielt Evonik-Personalvorstand Thomas Wessel den Gastvortrag. Das Bekenntnis, dass er dabei zum Chemiepark Marl abgab, sei „abgestimmt“.

„Westerweiterung bleibt ein wichtiges Projekt“

Nachdem bekannt geworden war, dass der Chemiepark in den nächsten Jahren keinen Flächenbedarf für neue Chemieunternehmen habe, überraschte es nicht, dass Bürgermeister Werner Arndt in seiner Ansprache vor über 300 Gästen aus Wirtschaft und Politik die Westerweiterung zum Thema machte. Arndt machte deutlich, dass er Evonik in der „unternehmerischen Verantwortung“ sehe, dass die Erweiterungsfläche für die Ansiedlung neuer Unternehmen genutzt werde und neue Arbeitsplätze geschaffen werden, gegebenenfalls auch in weniger chemie-nahen Bereichen. „Die Westerweiterung war und ist ein wichtiges Projekt für unsere Region“, betonte Arndt mit Blick auf die bevorstehende Schließung der Schachtanlage Auguste Victoria am Jahresende.

Hoher Bedarf an Industrie- und Gewerbeflächen

Erste Untersuchungsergebnisse zeigten, dass einer Folgenutzung des Geländes von Schacht 3/7 als Industrie– und Gewerbegebiet „keine grundsätzlichen Hindernisse entgegenstehen“. Das Gelände könne aber frühestens 2020 vermarktet werden. Vor diesem Hintergrund, so Arndt, sei „für die Menschen in unserer Stadt und unserer Region nicht nachvollziehbar“, wenn das Gelände für die Westerweiterung brach liegen bliebe. Dass Bedarf an Industrie- und Gewerbeflächen bestehe, zeige eindrucksvoll der Interkommunale Industriepark Dorsten/ Marl, den die beiden Nachbarstädte gemeinsam mit der Steag entwickelt haben und der bis auf ein letztes Grundstück belegt sei.

Entwicklung gemeinsam angehen

Ähnlich äußerte sich auch Uta Heinrich, Bürgermeister a.D. und Vorsitzende des Wirtschaftsclub Marl, des Kooperationspartners beim diesjährigen Wirtschaftsempfang. Sie appellierte ebenfalls an die regionale Verantwortung der Evonik, die Flächen der Westerweiterung zu entwickeln und zu vermarkten.

Evonik verschließt sich nicht

Thomas Wessel signalisierte in seinen Ausführungen Gesprächsbereitschaft. „Wir verschließen uns den Überlegungen für Ansiedlungen nicht“, sagte der Arbeitsdirektor. „Wir sind bereit, dazu beizutragen, dass die Fläche genutzt wird und sich neue Unternehmen ansiedeln“.

„In konstruktiven Gesprächen unterwegs“

Wessel machte geltend, dass die Erwartungen, mit der man die Westerweiterung betrieben habe, sich nicht erfüllt hätten. „Die Welt hat sich inzwischen weitergedreht“. Auch der Markt habe sich verändert. So werde Lanxess im Chemiepark in Kürze die Produktion von Synthesekautschuk einstellen, Ineos habe die Styrolproduktion bereits beendet. Innerhalb des Chemieparks gäbe es damit genügend Freiflächen, und Evonik sei gehalten, diese Flächen vorrangig zu nutzen. Man sei in Sachen Westerweiterung aber „in konstruktiven Gesprächen unterwegs“.

Chemiepark bleibt wichtiger Evonik-Standort

Wessel unterstrich nachdrücklich die Bedeutung des Chemieparks Marl als weltweit größten Produktionsstandort von Evonik. Wessel. „Marl bleibt ein ganz wichtiger Standort, in den wir auch in Zukunft investieren werden“. Allein in den vergangenen drei Jahren habe Evonik 500 Mio. Euro in neue Produktionsanlagen investiert. Ohne die Verlagerung der Schlenke-Siedlung, die mit der Westerweiterung verbunden war, sei eine Entwicklung innerhalb des Chemieparks aber nicht möglich gewesen.

Akzeptanz in der Öffentlichkeit

Der Chemiepark kooperiere mit vielen Unternehmen in der Region und unterstütze in Marl u.a. den Grimme-Preis, das Skulpturenmuseum Glaskasten sowie das Marler Debüt und fördere auch den Jugend- und Breitensport. Darüber hinaus werde Evonik Industries AG auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht. So habe das Unternehmen eine Millionen Euro gespendet, um die Integration von Flüchtlingen („Die Situation der Menschen kann uns nicht kalt lassen“) zu fördern. Wichtig sei weiterhin die Akzeptanz in der Öffentlichkeit und Rahmenbedingungen, „die Wettbewerb ermöglichen“.

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Stellten beim Wirtschaftsempfang die Westerweiterung des Chemieparks in den Mittelpunkt (v.l.): Bürgermeister Werner Arndt, Uta Heinrch und Evonik-Personalchef Thomas Wessel.

Über 300 Gäste aus Wirtschaft und Politik folgten aufmerksam den Vorträgen.

Anschließend nutzten die Gäste den Wirtschaftsempfang, um sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Fotos: Stadt Marl / R. Deinl