“Wie eine natürliche Klimaanlage”
Die vergangenen Tage und Wochen haben es wieder deutlich gezeigt – Starkregenereignisse und Hitzeperioden nehmen zu. „Wir setzen uns daher bei Bauprojekten vermehrt mit Regenwassermanagement und Klimaanpassung auseinander“, sagt Andrea Baudek. Konkret umgesetzt wird das bei der Neugestaltung der Victoriastraße von der Ziegeleistraße bis Am Alten Pütt. Die Stadt schafft hier Grünstreifen in der Mitte der Fahrbahn mit Beeten für Bäume und Stauden. Auf ihnen soll Regenwasser gespeichert werden, um Pflanzen und Lebewesen an Hitzetagen zur Verfügung zu stehen. Andrea Baudek: „Das muss man sich wie eine natürliche Klimaanlage vorstellen.“
Unterirdische Rigolen
Die geplanten Grünstreifen werden als langgezogene Versickerungsmulde mit unterirdischen Rigolen angelegt, lediglich unterbrochen durch Zufahrten für Anlieger und Querungshilfen für Fußgänger. „Das Regenwasser wird in Erdmulden gespeichert und gefiltert, bevor es in die Rigole gelangt, wo es sich gleichmäßig verteilt und den Bäumen zur Bewässerung dient“, verdeutlicht Vivien Wiers, Leiterin des Amtes für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Die Rigolen bestehen aus einer mit Vlies umschlossenen Schicht aus Granulat, das Wasser wird zurückgehalten und bei Trockenheit an die Baumwurzeln abgegeben. Vivien Wiers: „So soll verhindert werden, dass sich Regenwasser auf den Fahrbahnen staut und bei Starkregen auf angrenzende Grundstücke fließt.“
Stadt pflanzt Klimabäume
Einige Grünstreifen will die Stadt auch entlang der Victoriastraße anlegen. Hier werden Klimabäume wie Schwarznuss, Hainbuche oder Feldahorn gepflanzt. „Auch diese Bäume werden künftig mit einem Rigolensystem verbunden“, informiert Ingo Nölker. Der städtische Verkehrsplaner betont: „Sollte sich das Wasser einmal in diesem System stauen, kann es über seitlich angelegte Notüberläufe in den bestehenden Abwasserkanal geleitet werden. Das Überlaufsystem verhindert zudem, dass die Bäume ertrinken.“ Laut Verwaltung führt das neue Entwässerungssystem das Regenwasser außerdem in den natürlichen Wasserkreislauf zurück. Es trägt zur Verdunstung des Wassers bei und sorgt dafür, dass in trockenen Monaten im Straßenbereich keine Hitzeinsel entsteht.
“Jeder Tropfen zählt”
Für die Stadt wird es immer wichtiger, stadtplanerische Schritte gegen den Klimawandel zu unternehmen. Daher wird sie in Zukunft den sogenannten Schwammbau bei allen neuen Straßenbauprojekten auf den Prüfstand stellen. „Wir müssen bei jedem Vorhaben genau abwägen, ob ein Rigolensystem möglich ist oder eine andere Lösung in Frage kommt. Jede Straße muss für sich betrachtet werden“, erklärt Andrea Baudek. „Wir stehen am Anfang einer langfristigen Umsetzung. Aber wir sind auf dem richtigen Weg, Regenwasser nicht einfach in die Kanalisation fließen zu lassen, sondern zu nutzen und verfügbar zu machen. Jeder Tropfen zählt und steigert zugleich die Lebensqualität der Menschen in unserer Stadt.“
Baubeginn: Sommer 2025
Die Umgestaltung der Victoriastraße in Hüls soll voraussichtlich im Sommer 2025 starten und zwei Jahre dauern. Neben der Fahrbahn wird auch der Geh- und Radweg erneuert. Die Baumaßnahme kostet rund 4,5 Mio. Euro, eine Förderung von 75 Prozent steht in Aussicht. Folgeprojekte könnten die Breite Straße und Hochstraße in Alt-Marl sein.