Sachliche Diskussion zu einem emotionalen Thema

„Lasst die Leute ihre schöne Moschee bauen und lasst uns nach Hause gehen!“ -Auch wenn es für diesen - wohl nicht ganz so ernst gemeinten - Vorschlag durchaus viel Applaus gab, diskutierten zirka 230 Marlerinnen und Marler noch eine gute Stunde lang engagiert und sachlich über ein Bauvorhaben, das viele Menschen in Marl bewegt.

Zuvor hatten sich die Bürgerinnen und Bürger im vollbesetzten Sitzungssaal auf den aktuellen Stand der Planungen für den Ersatzbau der Yunus-Emre-Moschee an der Sickingmühler Straße bringen lassen. Bürgermeister Werner Arndt hatte ins Rathaus eingeladen, damit alle interessierten Marlerinnen und Marlern sich aus erster Hand vom Architekten, den Gutachtern und Planern der Stadtverwaltung über das Bauvorhaben informieren und sich selbst ein Bild machen konnten.

Ausführliche Informationen aus erster Hand

Baudezernentin Andrea Baudek berichtete über die langjährige und sorgfältige Suche nach einem geeigneten neuen Standort für die Yunus-Emre-Moschee, in der die 275 Gemeindemitglieder seit Jahren unter beengten räumlichen Bedingungen ihren Glauben praktizieren, und erläuterte den aktuellen Stand des Planungsverfahrens für den neuen Moschee-Standort nördlich des Dümmerweges. Architektur Murat Kanal stellte seinen Entwurf für eine moderne Moschee vor mit einem Minarett, das ausschließlich gestalterische Funktion hat. Und die Gutachter Arno Flörke (afi – Ingenieurbüro für Akustik und Umwelttechnik) und Andreas Gers (Büro Landschaft und Siedlung) erläuterten, warum dem Moschee-Ersatzbau aus Sicht des Lärms sowie des Landschafts- und Artenschutzes keine Hindernisse im Wege stehen.

Darüber hinaus erfuhren die Teilnehmer, dass vom Minarett kein Gebetsruf erfolgen und der bisherige Standort nach Abschluss des Bauvorhabens nicht mehr als Moschee genutzt werde. Das werde die Stadt vertraglich mit der Moscheegemeinde als Vorhabenträger vereinbaren, so Baudezernentin Andrea Baudek.  

Sorge wegen Verkehrslärms …

Im Mittelpunkt der Diskussion standen vor allem die Verkehrsbelastung und die Parksituation im Bereich der Sickingmühler Straße und des Dümmerweges. Gutachter Arno Flörke machte deutlich: Selbst für den Fall, dass die 200 geplanten Parkplätze an der neuen Moschee an einem Tag zweimal komplett belegt würden und der gesamte Verkehr über die Sickingmühler Straße (und nicht auch über den Dümmerweg) fließen würde, liegt der Verkehrslärm immer noch weit unter dem vorgeschriebenen Höchstwert. Daran, so Baudezernentin Andrea Baudek, würde auch der Verkehr zu den Betrieben und Geschäften, die sich kürzlich an der Sickingmühler Straße sowie im Bereich des Dümmerweges und der Zechenstraße angesiedelt haben, nichts ändern.   

… und der Parksituation

Angesprochen wurde auch die aktuelle Parksituation im Bereich des geplanten neuen Moschee-Standortes. Hier komme es aktuell im Bereich eines Discounters und an kirchlichen Feiertagen in Höhe des Friedhofes zu „katastrophalen Situationen“, beklagten Anwohner. Die Verwaltung werde die Situation im Auge behalten, versicherte Verkehrsplaner Ingo Nölker. Auf eine Tempo 30 - Zone konnte er dem Anwohner aufgrund der verkehrlichen Bedeutung der Sickingmühler Straße aber keine Hoffnung machen. Ein Vertreter der Moschee bot an, dass die Parkplätze am neuen Moschee-Standort mitgenutzt werden könnten – womit sich die Parksituation entzerren dürfte.

Positive Signale aus der Politik

Sprecher der Ratsfraktionen von SPD, CDU, BUM/FDP und der Wählergemeinschaft Die Grünen machten deutlich, dass sie das Bauvorhaben wohlwollend oder nachdrücklich begleiten, um den Mitgliedern der Yunus-Emre-Moschee die Ausübung ihres Glaubens in geeigneten Räumlichkeiten zu ermöglichen. Vertreter der CDU- und der BUM/FDP-Fraktion formulierten aber auch Vorbehalte gegenüber dem der türkischen Regierung unterstellten Moschee-Dachverband Ditib (er hat bekanntlich einen Kaufvertrag über die überwiegende Fläche des Grundstückes abgeschlossen). Es sei wichtig, „alle Aspekte aufzuarbeiten“, erklärte Bürgermeister Werner Arndt. Ein gesetzliches Planungsverfahren sei dafür aber nicht der richtige Ort, und politische Aspekte seien für ein Bebauungsplanverfahren nicht relevant.  

Gute Gemeinschaft erhalten

Für die katholische und evangelische Kirche unterstrichen Pfarrer Heiner Innig und Roland Warnke die langjährige gute Zusammenarbeit mit der Yunus-Emre-Moschee. Warnke: „Wir sollten uns diese gute Gemeinschaft nicht zerstören lassen. Marl hat keinen Platz für Rassismus“.

Bürgermeister Werner Arndt bedankte sich für die sachliche Diskussion und erneuerte seine Einladung an die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen das Bauvorhaben zu einem persönlichen Gespräch. Für ihn ist das Neubauvorhaben „die beste Lösung für alle Beteiligten“.

Wie geht es weiter?

Bei der öffentlichen Auslage des Bebauungsplanentwurfs für den neuen Moschee-Standort haben Träger öffentlicher Belange sowie Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Anregungen gegeben. Die Anregungen werden von der Verwaltung bearbeitet und werden dem Rat der Stadt Marl demnächst gemeinsam mit dem Satzungsbeschluss zur Entscheidung vorgelegt.

Der Satzungsbeschluss schafft Planungsrecht und bildet die Grundlage für die Erteilung einer Baugenehmigung. Zeitgleich entscheidet der Rat über einen Durchführungsvertrag, in dem der Verzicht auf den Gebetsruf und auf eine Folgenutzung des bisherigen Standortes als Moschee vereinbart wird.

Die Verwaltung geht davon aus, dass bei zustimmenden Beschlüssen des Stadtrates eine Baugenehmigung im Frühjahr nächsten Jahres erteilt werden kann, sofern ein genehmigungsfähiger Bauantrag vorliegt. Architekt Murat Kanal: „Wir sind in den Startlöchern“

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Vollbesetzt war der große Sitzungssaal im Rathaus.

Zirka 230 Bürgerinnen und Bürger ließen sich von Bürgermeister Werner Arndt, dem Architekten, den Gutachtern und den Experten der Verwaltung über den aktuellen Stand der Planungen für die neue Yunus-Emre-Moschee informieren und

diskutierten engagiert und sachlich über das Bauvorhaben. Fotos: Stadt Marl / Pressestelle