Freiheit, Träume, Verantwortung – Vortrag zu ostdeutscher Kunstproduktion

Im Rahmen der Ausstellung „Transformation. Geschichte der Ukraine in der Videokunst der 1990er-2000er Jahre“ organisiert das Skulpturenmuseum Marl in den Monaten Januar bis März eine begleitende Vortragsreihe. Am 13. Februar wartet um 18.30 Uhr der zweite Vortrag - diesmal mit der Berliner Kuratorin und Kulturproduzentin Sandra Teitge.

Die Vortragsreihe ermöglicht vertiefende Einblicke in die politischen, sozialen und künstlerischen Umbrüche dieser Zeit im Spiegel der Medienkunst. Die ostdeutsche Nachwendegeschichte kann bis heute nur als eine Geschichte der Anpassung erzählt werden. Die 1990er-Jahre waren von nichts so sehr wie vom Wunsch und der Bereitschaft geprägt, endlich anzukommen – im Westen… in (Gesamt-)Deutschland. Trifft dies auch auf Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturproduzentinnen und -produzenten mit Ostbiografie zu? Ist dies in den künstlerischen Arbeiten der 1990er- und frühen 2000er-Jahre sichtbar?

Kunst als visuelles Instrument

Dieser Vortrag wird anhand von drei künstlerischen ostdeutschen Positionen die Kunstproduktion dieser Jahre beispielhaft illustrieren und somit Parallelen zu den in der Ausstellung gezeigten Werken ziehen: Für Via Lewandowsky ist Kunst ein visuelles Instrument, um Fragen zu stellen, auf Missstände und Machtstrukturen hinzuweisen, Grenzen auszuloten, zu provozieren. Für sein skeptisches Weltbild und die Ausbildung seines gesellschaftskritischen Ansatzes sind zweifellos Lewandowskys eigene Erfahrungen im DDR-Staat prägend. 

Schonungslose Offenheit

Künstlerin und Schriftstellerin Gabriele Stötzer beeinflusste in den 1980er-Jahren als zentrale Gestalt der Erfurter Subkultur mit ihrer radikalen, schonungslosen Offenheit die unabhängige Kunstszene der späten DDR. In der DDR aus politischen Gründen in Haft, Leiterin einer privaten Galerie in Erfurt, unangepasste Fotografin, Performance-und Videokünstlerin, findet Stötzers Arbeit seit kurzem national und international weitreichende Anerkennung.

Dokumentation per Foto und Video

Das Künstlerduo Wermke/Leinkauf realisiertes seit 2004 Projekte, die oft auf die ehemalige Grenzsituation verweisen und nach dem Umgang mit Geschichte, Erinnerung und städtischem Freiraum fragen. Ihre performativen Aktionen produzierten sie größtenteils in geografischen und legalen Grauzonen, dokumentiert per Foto und Video. Den Arbeiten unterliegt immer eine kritische Distanz zur sozialen Realität und Geschichte sowie das Zelebrieren und Ausreizen der Möglichkeiten des Stadtraums.

Status Quo herausfordern

Sandra Teitge organisiert Ausstellungen und Programme an der Schnittstelle zeitgenössischer Kunst, Musik, Architektur und Design, oft an öffentlichen und kommerziellen Orten im Stadtraum. Besonders interessieren sie solo und kollektive feministische, klassenkritische und andere minoritäre Praktiken und Ansätze, die sich am vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Status Quo reiben und diesen herausfordern. Teitge ist außerdem Teil der kuratorischen Recherchegruppe zum ZfK-Kunstarchiv der DDR.

Ort: Skulpturenmuseum Marl, Georg-Herwegh-Str. 63-67, 45772 Marl 

Der Vortrag beginnt um 18:30 Uhr. Er dauert ca. 1,5 Stunden und wird in deutscher Sprache gehalten. Zudem wird ein Livestream eingerichtet. Zugang über die Website des Museums: http://www.skulpturenmuseum-glaskasten-marl.de/de/veranstaltungen

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Den Arbeiten des Duos Wermke/Leinkauf unterliegt das Zelebrieren und Ausreizen der Möglichkeiten des Stadtraums, wie beim Projekt Grenzgänger. In dem Film geht eine Person nackt am Ostufer der Spree entlang, steigt in den Fluss, schwimmt zum Westufer und steigt dort aus der Spree. An genau dieser Stelle verlief bis 1989 die innerdeutsche Grenze. Foto: Wermke/Leinkauf

Sandra Teitge. Foto: Silke Briel

"Der Sozialismus siegt“, Ausstellungsansicht, Via Lewandowsky: HOMEZONE, 2005, GfZK Leipzig, Foto: Andreas Enrico Grunert