Ein fremdes Land bereisen, dort arbeiten oder zur Schule gehen. Die Menschen und den Alltag kennenlernen, abseits der Touristenströme - ein Wunsch vieler junger Menschen. Für die beiden Marlerinnen Laura Hafkemeyer (17) und Rika Bohmann (20) ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Ein Jahr verbrachten sie in Südamerika. Im Marler Rathaus berichteten sie heute (10. November) über ihre Reise, den Alltag in der Fremde und die Erfahrungen, die sie sammeln konnten. Auch die stellvertretende Vorsitzende der Hüls AG-Stiftung sowie Geschäftsführer Dr. Hansfriedrich Sage standen zu Fragen rund um die Förderungsmöglichkeiten und die Arbeit der Stiftung Rede und Antwort.
Intensive Begegnung
„Ein solcher Auslandsaufenthalt ist einfach toll, weil man einen viel tieferen Einblick ins Land erhält als bei einem Urlaub. Durch das enge Zusammenleben lernt man die Menschen näher kennen. Die Begegnung ist einfach viel intensiver", stellt Rika Bohmann nach ihrem Aufenthalt im bolivischen La Paz fest. Die 20-Jährige studiert mittlerweile im ersten Semester Jura an der Universität Münster und hat nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Bolivien abgelegt. Bereits während der Schulzeit lebte sie ein Jahr in einer bolivischen Gastfamilie, beherrscht die spanische Sprache deshalb längst. „Aber ich habe eine deutsche Schule besucht und deshalb quasi nur die ‚Oberschicht' des Landes kennengelernt. Ich wollte noch mal hin, um auch die andere Seite kennenzulernen", betont sie.
Arbeit beim Frauenrechtsprojekt "Contexto"
Diese Gelegenheit bot sich der politisch interessierten Marlerin im Rahmen ihrer Arbeit bei „Contexto", einem Frauenrechtsprojekt, das sich insbesondere um die ärmeren, indigenen Frauen bemüht. Unter anderem geht es „Contexto" um Alphabetisierung und um Aufklärung zu politischen, sozialen und gesellschaftlichen Themen sowie zu Gesundheitsfragen. Darüber hinaus bietet das Projekt Näh-, Strick- und Schneiderkurse, damit die Frauen eigens hergestellte Produkte verkaufen und sich eine eigene Einnahmequelle aufbauen können.
In Berufswahl bestärkt
Rika Bohmann strebt eine berufliche Zukunft als Juristin für eine Menschen- oder Völkerrechtsorganisation, NGO, in der Entwicklungspolitik oder im Bereich internationale Beziehungen an. „Mein Aufenthalt in Bolivien hat diese Entscheidung nur bestätigt", sagt sie.
In Brasilien zur Schule gegangen
Auch Laura Hafkemeyer blickt auf ein spannendes Jahr in Südamerika zurück. Die Schülerin, die derzeit die zwölfte Klasse des Gymnasiums im Loekamp (GiL) besucht, lebte ein Jahr lang bei einer Gastfamilie in Goiânia, Brasilien, und besuchte dort eine Privatschule namens Colegio Integrado Jaó. Sie kann nur bestätigen: „Man sammelt so tolle Erfahrungen - einfach unglaublich. Ich habe eben nicht als Tourist dort gelebt, sondern als Mitglied einer Familie."
Die portugiesische Sprache gelernt
Nicht nur das Alltagsleben einer brasilianischen Familie konnte Laura Hafkemeyer kennenlernen. Auch die portugiesische Sprache beherrscht sie mittlerweile fließend. „Anfangs habe ich kaum etwas verstanden, selbst in der Schule nicht", erinnert sie sich schmunzelnd, „irgendwann konnte ich eigentlich alles verstehen und dann, nach etwa sechs Monaten, konnte ich auch sprechen." Außerdem ermöglichte ihr ihre Gastfamilie, die vielfältige Landschaft Brasiliens kennenzulernen. „Wir waren am Strand, in Südbrasilien, im Amazonasgebiet im Regenwald. Das alles sind Erfahrungen, die einem keiner mehr nehmen kann", schwärmt sie.
Hüls AG-Stiftung fördert talentierte Marlerinnen und Marler
Dr. Hansfriedrich Sage fasst zusammen: „Grundsätzlich ist es das Ziel der Stiftung, die Aus- und Fortbildung junger, talentierter Menschen aus Marl und den Partnerstädten zu fördern." Die Form der Unterstützung variiert, möglich sind beispielsweise Zuschüsse oder Reisekostenübernahmen. Darüber hinaus bietet die Stiftung Hilfe bei der Lösung von Logistik- und Organisationsproblemen, die sich im Rahmen der Fördermaßnahmen ergeben.
Stiftungskapital seit Gründung mehr als einmal umgeschlagen
Die Hüls AG-Stiftung wurde 1988 anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der ehemaligen Hüls AG gegründet. „Seither haben wir das Stiftungskapital mehr als einmal umgeschlagen", so Dr. Hansfriedrich Sage stolz. Knapp 600 000 Euro seien für die Förderung junger Menschen verwendet worden. Sechs bis acht Jugendliche jährlich erhalten Unterstützung bei ihren Auslandsaufenthalten. Neben diesen Individualförderungen unterstützt die Hüls AG-Stiftung die Partnerstädte bei der Organisation von Jugendseminaren mit Teilnehmern aus den Partnerstädten. Die Seminare sollen der Verständigung und dem Austausch von Jugendlichen verschiedener Nationen dienen.
Infos zu Förderungsmöglichkeiten und zur Bewerbung
Jugendliche, die Interesse an einem Schulbesuch, Praktikum oder FSJ im Ausland haben, können sich um finanzielle Unterstützung durch die Hüls AG-Stiftung bewerben. „Ein Lebenslauf mit Lichtbild, Zeugnisse, Angaben zu außerschulischem oder sonstigem Engagement, eine Empfehlung durch einen Lehrer oder den Arbeitgeber - das sind die Unterlagen, die wir erwarten", so Dr. Hansfriedrich Sage. „Wir bekommen eigentlich nur hervorragende Unterlagen", freut er sich.
Informationen zu Förderungsmöglichkeiten und zur Bewerbung erhalten Interessierte bei Dr. Hansfriedrich Sage: 02365 - 6 66 32.