Zum 1. Spatenstich für das größte Investitionsprojekt in der Geschichte des Lippeverbandes kam gestern (10.08.) eigens NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft an die Lippe. Für die Stadt Marl griff Dezernentin Dr. Barbara Duka zum Spaten. Zusammen mit dem Verbandsratsvorsitzenden und Halterner Bürgermeister Bodo Klimpel, mit Stefan Hager, verantwortlicher Servicebereichsleiter von der RAG AG, und Dr. Uli Paetzel als Vorstandsvorsitzendem des Lippeverbandes gab sie den Startschuss für das 95-Millionen-Euro-Projekt.
„Es wird in besonderer Weise die Verbesserung des Hochwasserschutzes in der Region mit Maßnahmen der Renaturierung verbinden. Die Lippe wird in Zukunft – noch viel mehr als in der Vergangenheit – für Naturerlebnis und Erholung und damit für die hohe Lebensqualität in Nordrhein-Westfalen stehen“, sagte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.
Ein Deichbau der Superlative
Es wird ein Deichbau der Superlative: Zwar bleiben die künftigen Deiche mit maximal 14 Metern Höhe exakt auf der Höhe der alten Deiche, sie werden aber wesentlich breiter, dadurch weniger steil und fügen sich besser in die Landschaft ein. Auch der Umfang der Arbeiten und die Bodenmengen, die für den Deichneubau auf 5 km Flussstrecke beiderseits der Lippe benötigt werden, sind beachtlich: In siebeneinhalb Jahren Bauzeit sollen rund 3,2 Millionen Kubikmeter Sand, Kies und Oberboden bewegt, 5,6 km Deiche neu gebaut und 800 m vorhandene Deiche zu „Drei-Zonen –Deichen“ umgebaut werden. Außerdem werden zwei Entwässerungspumpwerke neu gebaut.
Hochwasserschutz langfristig sichergestellt
Dadurch wird nicht nur der Hochwasserschutz in der Region langfristig sichergestellt. Da die neuen Deiche im Hinterland der alten Deiche gebaut werden, hat das Bauprojekt auch einen hohen ökologischen Wert: Zwischen dem Fluss und den neuen Deichen entsteht eine breite Aue von rund 60 Hektar Fläche, die mit dem Fluss, der deutlich flacher und breiter wird, eine enge Verbindung eingeht. Damit reiht sich das „HaLiMa“-Projekt in die Kette von Renaturierungsvorhaben ein, mit denen der Lippeverband im Auftrag des Landes die Lippe nach und nach weg vom Industriefluss hin zu einem ökologisch wertvollen Lebensraum entwickelt.
Finanziert vom Bergbau und dem Umweltministerium
Finanziert wird das Projekt vom Bergbau und dem Umweltministerium: Sie stemmen die hohe Investitionssumme von 95 Millionen Euro gemeinsam im Verhältnis ein Drittel (NRW) zu zwei Dritteln (RAG). Das entspricht im Wesentlichen dem Verhältnis der Aufwendungen für die ökologische Verbesserung einerseits, die im öffentlichen Interesse liegt, und andererseits der langfristigen Sicherung des Hochwasserschutzes als Bergbaufolgelast.
Investitionsvolumen von rund 44 Millionen Euro
Im Zuge des aktuellen ersten Bauabschnitts mit einem Investitionsvolumen von rund 44 Mio. Euro werden die Deichbauabschnitte Nord I (nördlich der Lippe zwischen Lippramsdorfer Straße und Oelder Weg) und Süd II zwischen Sickingmühlenbach und Oelder Weg) umgesetzt. Die weiteren Arbeiten folgen in einem zweiten Bauabschnitt.
In der nächsten Woche: Erschließung des Baufeldes
Und so läuft die Großbaustelle an: Als erstes wird in den nächsten Wochen die vorhandene Baustraße vom Pumpwerk Große Mersch zum Biotop Meinken verlängert, um das Baufeld zu erschließen. Ab Herbst werden über dem Wesel-Datteln-Kanal und über der Lippe Bandbrücken installiert. Damit wird später der größte Teil der Bodentransporte – 65 Prozent des benötigten Materials kommen per Schiff – vom Hafen AV auf die Nordseite der Lippe transportiert. Daneben finden erste Bodentransporte per LKW statt. Wenn die neuen Deiche gebaut bzw. erhaltenswerte Deichabschnitte umgebaut worden sind, werden in der zweiten Phase des Bauprojekts die alten Deiche nach und nach abgetragen. Ein großer Teil des alten Deichmaterials wird zur Gestaltung der neu gewonnenen Lippeaue verwandt.
Hintergrund
Der Neubau der Hochwasserschutzdeiche in Haltern und Lippramsdorf hat eine lange Vorgeschichte. Die heutigen Deiche direkt an der Lippe stammen aus den 1980er Jahren und sind nach zweimaliger Erhöhung hoch und steil. Eine Verlegung der Deiche ins Hinterland wurde bereits vor rund zehn Jahren diskutiert. Von 2009 bis 2013 wurde die Planung des Lippeverbandes für einen Neubau in einem Planfeststellungsverfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit durch die Bezirksregierung Münster umfassend geprüft und genehmigt. Seit Anfang 2014 haben auf und an dem Baufeld zahlreiche Vorarbeiten stattgefunden. Unter anderem wurden Strommasten versetzt und für bedrohte Tierarten, die in dem Gebiet heimisch sind oder waren, wurden neue Lebensräume entwickelt.