Seit Sonntag können Kunstinteressierte im Skulpturenmuseum Marl die Werke neun junger Kunstschaffender betrachten. Die Studierenden setzten sich im Seminar „urban stage“ von Professor Kuball intensiv mit der Stadt Marl auseinander. Sie alle eint die Neugier an den Veränderungsprozessen in Marl, obwohl die Erkenntnisse und Ansätze stark voneinander abweichen. Der Titel der Ausstellung ist einem bekannten Musikstück des Liedermachers Reinhard Mey aus dem Jahr 1974 entliehen. Der Maikäfer ist hier ein Symbol für Vergänglichkeit. In den frühen 1950er Jahren noch eine Plage, gegen die der Mensch aggressiv vorging, reduzierte sich der natürliche Maikäferbestand in den Folgejahren drastisch. Trotzdem ist „Es gibt keine Maikäfer mehr“ keine nostalgische Ausstellung. Vielmehr geht es um die Betonung und das Zelebrieren der Widerstandsfähigkeit und der Kreativität des Lebens.
"Fake Habakuk"
Das Kunstwerk der Studentin Alexandra Nikitina besteht aus einem Stofftier und einem Polaroid. Das Stofftier ist durch einen integrierten Mechanismus beweglich, das Polaroidbild lässt sich mithilfe einer Handy-App zum Leben erwecken. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erschafft Nikitina neue Skulpturen auf Grundlage der Marler Sammlung am Beispiel der Skulptur „Habakuk“ von Max Ernst. In Zusammenarbeit mit der Maschine entstehen verschiedene Versionen, die dann in die Realität übersetzt werden. Die Grundfrage hierbei ist „Wie erschafft der Mensch Sinn und wie kreiert die künstliche Intelligenz Bedeutung?“.
Klassenraum als Kunst
Mathilde Hawkins beschäftigte sich in ihrem Werk mit dem Übergangsquartier des Skulpturenmuseums. Die alten Klassenräume der Gesamtschule inspirierten sie zu einer Skulptur in Form eines Schulpultes und einer Leinwand aus Papier, die an eine Tafel erinnert. Das Pult hat sie in akribischer Weise mit Schrift versehen, das Papier zeigt in kindlicher Darstellungsform den dazugehörigen Stuhl. Ihren Arbeitsvorgang beschreibt sie dabei als schnell, assoziativ und unvoreingenommen. Sie lässt sie sich im Prozess von ihrem Instinkt und Unterbewusstsein leiten und verarbeitet so auf fast schon therapeutische Weise ihre eigene Schulzeit.
Kondensationswürfel
Johannes Hoffmanns Skulptur „Dem Fisch das Wasser zu erklären“ wirkt auf den ersten Blick wie ein elegantes Designobjekt. Ein durchsichtiger kleiner Würfel in einem größeren Würfel, ein Raum im Raum. Dazu eine Klimaanlage, die die Temperatur in dem äußeren Würfel kontrolliert. Hoffmann ließ sich von moderner Architektur inspirieren: neutrale Räume, die ihre Funktion durch Technik erhalten. Er arbeitet mit Kondenswasser, der innere Würfel schwitzt, auf dem Fensterbrett hinter der Skulptur sammelt sich Wasser. Der Gedanke dahinter ist, dass Kunst nie im neutralen Raum existiert, sie ist immer Teil eines Systems.
Workshops laden zur Mitarbeit ein
Die Ausstellung „Es gibt keine Maikäfer mehr“ ist partizipativ angelegt. Es gibt eine Reihe von Workshop-Angeboten durch die beteiligten Künstlerinnen und Künstler. Ziel ist es, den Menschen die Ausstellung näherzubringen. Dort entstehen weitere Kunstwerke, die dann ihren Platz im Ausstellungsraum finden. So wächst „Es gibt keine Maikäfer mehr“ auch während der Laufzeit weiter, bildet Allianzen und gibt Raum für den Prozess, dem das Abklingen und Aufleben stets bewusst innewohnt.
Studierende:
Thilo Brämer, Bidisha Das, Mathilde Hawkins, Johannes Hoffmann, Helin Sezen Korkmaz, Tatsiana Licheuskaya, Mary Mikaelyan, Alexandra Nikitina und Leila Orth.
Die Ausstellung wird mit Hilfe des Freundeskreises Habakuk realisiert.
Skulpturenmuseum Marl, Interimsquartier auf dem Schulhof der Martin-Luther-King-Gesamtschule, Georg-Herwegh-Straße 63-67, Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 11 - 17 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag 11 - 18 Uhr