„Sie können sicher sein, dass ich für Marl kämpfen werde"

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Es war ein ausgesprochen konstruktiver Dialog: Fast drei Stunden lang diskutierten gestern Abend über 70 Bürger auf Einladung von Bürgermeister Werner Arndt über die Sanierung des Haushalts.

Haushaltssanierungsplan oder Sparkommissar

Kämmerer Michael Dinklage hatte zuvor den Haushaltssanierungsplan und die Vorschläge der Verwaltung für Einsparungen und Einnahmeverbesserungen dargestellt. Der Hintergrund: Die Stadt ist von Überschuldung bedroht und gesetzlich verpflicht, am „Stärkungspakt Kommunalfinanzen" des Landes Nordrhein-Westfalen teilzunehmen. Sie erhält in den kommenden Jahren zusätzliche Zuwendungen vom Land, muss aber ihr Defizit, das aktuell ca. 42 Mio. Euro beträgt, bis Ende 2016 abbauen und alle dafür erforderlichen zusätzlichen Maßnahmen in einem genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan darstellen. Arndt: „Wir haben keine andere Chance. Sonst droht der Sparkommissar".

Einsparungen und Steuererhöhungen

Die Verwaltung will den Haushaltsausgleich u.a. mit dem Abbau von 81 Stellen in der Verwaltung, mit der Aufgabe und Vermarktung von künftig frei werdenden Gebäuden, der Kürzung von Zuschüssen für freiwillige Leistungen sowie mit Steuererhöhungen, der Einführung von Parkgebühren, der Anpassung der Kita-Gebühren und der Aufgabe der Geschwisterkindregelung erreichen. Die Stadt befinde sich in der paradoxen Situation, so Kämmerer Michael Dinklage, dass sie mit der Erhöhung der Grundsteuer und der Kita-Gebühren vor allem junge Familien mit Eigenkommen belaste, die sie eigentlich für Marl gewinnen möchte. Die Grundsteuer sei allerdings die einzige Steuer, mit der Stadt erhebliche Einnahmeverbesserungen erzielen könne.

„Es wird jeden treffen"

Die Frage nach einer gerechten Verteilung der Belastungen (Arndt: „Wir haben keinen Bereich ausgespart, es wird jeden treffen") war anschließend auch Thema der Diskussion. Mehre Bürgerinnen und Bürger äußerten ihre Sorge, dass mit der vorgeschlagenen Kürzung der Zuschüsse für freiwillige Aufgaben Beratungsangebote von freien Trägern nicht mehr aufrechterhalten werden könnten und die Stadt diese Aufgaben letztlich für teures Geld leisten müsste (Arndt: „Man muss sehen, welche Aufgaben jeweils freiwillig sind und gesetzlich verpflichtend sind"). Auch die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft neuma war Thema. Gefordert wurde der Verkauf der neuma (der von der Verwaltung nicht vorgeschlagen wird, weil er die Bilanz der Stadt schwäche) oder zumindest die Erstellung eines Gutachtens über den Verkaufswert (was nach Auskunft der Verwaltung nur der Rat beschließen kann).

Auch der Kreis ist gefordert

Auf Unverständnis stieß bei mehreren Diskussionsteilnehmern die auch in den Medien geführte Diskussion über die Kreisumlage und die Sparanstrengungen des Kreises Recklinghausen. Warum kann der Kreis nicht im selben Umfang wie seine Kommunen sparen und damit die kommunale Familie entlasten? Dies sei eine Forderung, die auch die Bürgermeister der kreisangehörigen Städte mit Nachdruck erhoben hätten, berichtete Werner Arndt. Er hielt dem Kreis zugute, dass er wichtige Aufgaben für die Kommune wahrnehme, sah aber erhebliche Potenziale zur Verbesserung des Kreishaushaltes und zur Entlastung der von den Kommunen zu zahlenden Kreisumlage.

Sorge um Zukunft der Stadt

In zahleichen Beiträgen wurde die Befürchtung deutlich, dass die Marl in Folge der Sparmaßnahmen an Attraktivität verlieren, Einwohner ins wirtschaftlich besser gestellte Münsterland abwandern, Einnahmen weiter zurück und die finanziellen Problem noch größer werden könnten. „Marl wird nicht attraktiver werden", räumte auch Bürgermeister Werner Arndt ein. „Aber wir werden weiterhin ein hervorragendes schulisches Angebot, ein engmaschiges Beratungsnetz, gute Wohnlagen und gute Angebote im Freizeitbereich haben". Arndt: „Dass von uns so einschneidende gravierende Einschnitte verlangt werden könnten, habe ich mir allerdings in 30 Jahren Ratsarbeit und in den drei Jahren meiner bisherigen Amtszeit nicht vorstellen können".

Gespräch mit Innenminister

Arndt kündigte an, vor der Verabschiedung des Haushaltssanierungsplans am 21. Juni im Rat der Stadt mit dem Landrat und den Bürgermeistern ein Gespräch mit Innenminister Ralf Jäger zu führen. „Sie können sicher sein, dass ich für unsere Stadt kämpfen werde".

 

Weitere Materialien:

Vortrag von Kämmerer Michael Dinklage

 

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Standen Rede und Antwort: Kämmerer Michael Dinklage, Micahel Bach, stellvetretender Leiter des Haupt- und Personlamtes, Bürgermeister Werner Arndt, Sozialdezernentin Dr. Barbara Duka und Baudezernent Wolfang Seckler (v.r.n.l.).