„sculptural crossing“ – raumgreifend und doch filigran in der Wahrnehmung

Am 7. Juli 2024 eröffnet das Skulpturenmuseum Marl seine Sommerausstellung und widmet sich mit „sculptural crossing“ seiner namensgebenden dreidimensionalen Kunstform: Zwei international arbeitende Bildhauer und eine Bildhauerin zeigen in den drei Ausstellungsräumen des Übergangsquartiers jeweils eines ihrer raumgreifenden Werke.

Kuratiert ist die Ausstellung von Museumsdirektor Georg Elben und Tomasz Wendland, der zuletzt unter anderem als Professor an der Kunstakademie in Szczecin in Polen lehrte.

Ästhetische Allianzen

Zusätzlich reagiert, ergänzt oder begleitet eine weitere kleinformatige Arbeit die eigene Position im Raum. Trotz individueller Erfahrungshintergründe bilden sie ästhetische Allianzen, überschneiden sich im künstlerischen Umgang mit dem Material und lassen erstaunliche Parallelen in der Strukturierung und Vereinnahmung des Raums erkennen. Diese Beobachtungen treffen bei sculptural crossing aufeinander und befragen die im Wandel befindlichen, facettenreichen Produktionsweisen der Bildhauerei im 21. Jahrhundert. Dabei haben die Arbeiten des Trios etwas Gemeinsames, Ineinandergreifendes und doch bleiben sie in ihrer Komposition eigenständig. Das Auge der Betrachterin und des Betrachters erblickt bewusst das Werk, nimmt es wahr – aber im Unterbewusstsein bleibt Unbekanntes, nicht Greifbares zurück.

Drei Objekte dominieren jeweils den Raum

Während Gereon Krebber mit einer aus Stahl gebogenen, zeichenhaften Form die Gestalt einer im Fischfang eingesetzten Reuse nachempfindet, überführt Agata Michowska fragile mundgeblasene und mit Gips ausgegossene Glasobjekte in den Ausstellungsraum. Auch Danylo Halkin verankert sein Werk zeithistorisch und geografisch, in dem er die Überreste eines Kronleuchters des im Stil der sozialistischen Moderne erbauten und 2021 abgerissenen Kinos Salyut in Dnipro, Ukraine im Skulpturenmuseum installiert.

Erinnerung an das imperialistische Machtgeschehen

Der riesige Leuchter hatte ursprünglich eine Größe von fünf mal fünf Meter, ein Viertel davon ist in einem völlig neuen Arrangement zu sehen, das aber noch immer an das imperialistische Machtgeschehen der ehemaligen Sowjetunion erinnert. Die einzelnen Teile hatten bereits in Schutt und Asche gelegen, aus denen der Künstler ganz bewusst seine Komposition für Marl herausgesucht hat, um dieses Rohmaterial zu einer eigenen Skulptur zusammenzuführen. Schwer und massiv schwebt das Objekt unter der Decke des Raumes, wird in seiner Form über die hängenden Elemente zunächst filigraner, um anschließend auf dem Boden zu einer neuen Monumentalität zu finden. Die vielteilige Arbeit, die schlanke, kleinteilige Glasobjekte und scharfkantige, verunreinigte Splitter zusammenbringt, wirkt dabei bedrohlich und zerbrechlich zugleich. Eine Videodokumentation ergänzt den Ausstellungsraum.

Organische Formen suggerieren große Naturnähe

Eine andere Annäherung an Material und dessen referenzielles Potenzial liegt dem Werk des Kölner Künstlers Gereon Krebber zugrunde, der in Marl kein Unbekannter ist, hat er doch im letzten Jahr des Glaskastens bereits vor Ort seine Keramik-Werke ausgestellt. Dieser empfindet mit einer aus Stahl gebogenen, zeichenhaften Form die Gestalt einer im Fischfang eingesetzten Reuse nach, deren Erscheinungsbild mit den ihr anhaftenden organischen Formen eine große Naturnähe suggeriert. Von ihr herabtropfender Bauschaum wirkt wie Modder, der als Beifang ins Netz geraten ist. Zu der raumbestimmenden Arbeit zieht Gereon Krebber weitere kleinere Plastiken hinzu und bringt die Arbeiten somit in ein räumliches Spannungsverhältnis.

Planetarische Neuordnung der Welt

Die Künstlerin Agata Michowska aus Posen, Polen hingegen nähert sich dem Ausstellungsraum zunächst auf sehr formaler Ebene. In „THE THIRD FAILED ATTEMPT TO CREATE THE WORLD“ überführt sie fragile Glasobjekte in den musealen Raum. Die milchig gläsernen Kugeln unterschiedlicher Größen liegen in einer Metallstruktur wie in einem Regal, wirken in diesem zunächst wie Designobjekte und erinnern ein wenig an die planetarische Neuordnung der Welt.

Risse erzählen eigene Geschichte

Feine Risse ziehen sich über die Oberflächen und geben erst auf den zweiten Blick die individuellen Merkmale einer jeden Kugel zu erkennen. Entstanden sind die Risse, die allesamt ihre eigene Geschichte erzählen, beim Abkühlen des zunächst flüssigen und dann ausgehärteten Gipses, mit dem die 41 Kugeln ausgegossen wurden. Die Arbeit wird erweitert durch zwei schwarze großformatige Disken aus Kunststoff, die an den gegenüberliegenden Wänden eine Sogwirkung erzeugen.

Eröffnung um 12 Uhr am 7. Juli

Die Ausstellung wird am 7. Juli 2024 um 12 Uhr feierlich auf der Terrasse des Skulpturenmuseums eröffnet. Einführende Worte spricht Georg Elben mit dem Co-Kurator der Ausstellung Tomasz Wendland. Letzterer lenkt die Intention der Ausstellung sogar noch ein Stück weiter: „Die Länder Polen, Deutschland und Ukraine, aus denen Danylo, Gereon und Agata stammen, haben ebenfalls etwas Verbindendes – genauso wie die Kunstwerke. Hier schließt der Kreis von sculptural crossing.“

Künstlerin und Künstler sind vor Ort

Auch die zwei Künstler und die Künstlerin Danylo Halkin, Gereon Krebber und Agata Michowska aus Paris, Köln und Posen werden anwesend sein. Gleichzeitig endet am 7. Juli die Installation UNITE! von Raul Walch, die am Tag der Europawahl im Rahmen des Sommerfestes eröffnet wurde. Somit bietet sich in der kommenden Woche die letzte Gelegenheit, die farbenprächtigen und windgetragenen Arbeiten des Berliner Künstlers auf der Terrasse des Skulpturenmuseums sowie auf dem Schulhof der benachbarten Martin-Luther-King-Schule zu besichtigen.

 

 

 

 

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