Ruhrfestspiele im Theater Marl

Der Countdown läuft. In drei Wochen werden die diesjährigen Ruhrfestspiele unter dem Motto „Haltung und Hoffnung“ eröffnet. Auch im Theater Marl sind zehn Produktionen zu sehen.

„Ich freue mich, dass die Ruhrfestspiele nach zwei Jahren endlich wieder ein Ort der direkten, persönlichen Begegnung sein werden. Recklinghausen wird wieder ein Raum für die Kunst werden, für das Theater und die Begegnung von Künstler*innen aus der ganzen Welt mit ihrem Publikum. Dafür haben wir ein vielfältiges, internationales Programm zusammengestellt, das in seinen künstlerischen Haltungen noch entschiedener geworden ist. Die Theaterkunst hat an Kraft gewonnen. Sie ist haltungsstark und tiefgründig. Es ist Kunst, die etwas will“, so Intendant Olaf Kröck.  

92 Produktionen mit rund 220 Veranstaltungen, davon u. a. eine Weltpremiere, sieben Deutschlandpremieren und zwei Eigenproduktion stehen zwischen dem 1. Mai und dem 12. Juni auf dem Spielplan. Insgesamt acht Produktionen sind koproduziert. Beteiligt sind mehr als 650 Künstlerinnen und Künstler aus rund 20 verschiedenen Ländern.

Das Tanz-Stück „Lamenta“ macht in Marl den Anfang. Es bringt die griechische Tradition der Lament- und Klagegesänge ins Theater. In dem sogenannten „Miroloi“ verbinden die Griechen Musik und Tanz, um tiefe Trauer und Verlust auszudrücken. „Lamenta“ stellt die Frage, warum wir uns in unserer Gesellschaft von sozialen Ritualen und Traditionen abgewendet haben, die individuellen Gefühlen eine kollektive Sprache geben (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/lamenta).

Mit dem Stück „Die Pest“ nach dem Roman von Albert Camus inszeniert das Deutsche Theater Berlin einen Albtraum. In der algerischen Küstenstadt Oran, gerade noch eine ganz gewöhnliche, geschäftstüchtige Stadt, bricht eine seltsame Seuche aus. Doktor Bernard Rieux ahnt, was alle anderen für unmöglich halten: Es ist die Pest. Der Ausnahmezustand wird ausgerufen, die Stadt hermetisch abgeriegelt, alle Verbindungen zur Außenwelt gekappt. Die Pest macht Oran zur Todeszelle, seine Bewohner zu Todeskandidaten. Bald fordert die Krankheit mehr und mehr Opfer, gigantische Krankenstationen entstehen, später Massengräber. Albert Camus’ weltberühmter Roman aus dem Jahr 1947 fragt nach der Möglichkeit menschlichen Handelns im Angesicht der Katastrophe (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/die-pest).

In „The Hills are Alive“ verläuft plötzlich eine Mauer mitten durch den Garten der Eheleute von Trüb. Wer hätte gedacht, dass das Wahlversprechen eines gewissen US-Präsidenten reale Konsequenzen nach sich zieht? Die Entwicklungen im Land der Freiheit beunruhigen das Rentnerpaar und so steht der Entschluss schnell fest: Auf in die österreichische Heimat! Die Wiedereinbürgerung gestaltet sich jedoch komplizierter als gedacht: Im Schwitzkasten der Bürokratie kann den beiden nur noch ein politisch einflussreicher Landsmann helfen, der bereits als Terminator so manches Problem gelöst hat. Bitterböse und amüsant spinnen die preisgekrönten Figurenspieler Neville Tranter und Nikolaus Habjan die Geschichte des weltberühmten Musicals „The Sound of Music“ weiter und verhandeln dabei aktuelle Entwicklungen der Migrationspolitik. Das Stück wird in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln gezeigt (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/the-hills-are-alive).

Die Bullemänner sind Svetlana Svoroba (Tastenfachkraft), Augustin Upmann und Heinz Weißenberg. In ihrem 14. Bühnenprogramm „Muffensausen“ pflügen die Komiker aus Westfalen und ihre ukrainische Pianistin abwechslungsreich und mit schnellen Rollenwechseln durchs Leben (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/die-bullemaenner).

Das Junge SchauSpielHaus Hamburg hat das Stück „Die Mitte der Welt“ mit im Gepäck. Darin offenbart sich für Phil in Büchern die ganze Welt. Die Bibliothek in „Visible“ ist sein Zuhause, ein ebenso baufälliges wie verwunschenes Schloss. Alles scheint märchenhaft. Und dann sind da noch die „Jenseitigen“, wie Phil die Einheimischen aus der angrenzenden Kleinstadt nennt, die Phil wiederum als „Hexenkind“ bezeichnen. Für Phil mag es normal sein, sich in einen Jungen zu verlieben, aber für die „Kleinen Leute“ ist es das keineswegs. Der Autor Andreas Steinhöfel erzählt mit magischem Realismus eindringlich und befreiend vom Erwachsenwerden. Zugleich ist das Buch ein überzeugendes Plädoyer für mehr Akzeptanz und Toleranz (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/die-mitte-der-welt).

Die Kompanie „Overhead Project“ aus Köln arbeitet an der Schnittstelle zwischen Tanz und zeitgenössischem Zirkus. In ihrer neuesten Arbeit „Circular Vertigo“ vollzieht Tänzerin Mijin Kim diesen Balanceakt. Ihr Spielpartner: Ein 100 kg schweres Pauschenpferd. Stoff aus Schulalpträumen und Symbol für Drill und Wettbewerb im Hochleistungssport. Ein Endgegner also. Aber nicht für Mijin Kim. Völlig unbefangen nähert sie sich ihrem Spielpartner, mit fast kindlichem Staunen ertastet und erkundet sie das Gerät. Lotet aus, was möglich, aber auch, was unmöglich ist. Und nutzt es doch nie so, wie man es erwarten würde (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/circular-vertigo).

Der multidisziplinäre Wahnsinnsakrobat Rauli Dahlberg nimmt uns mit auf eine faszinierende Abenteuerreise ins Innerste der Schwerkraft. Physikalische Gesetze biegt und dehnt er solange bis sie zu bersten scheinen und er sich aus ihren Zwängen befreien kann. Es ist ein einziger Rausch der Bewegung hinein in eine unbekannte Dimension, ein futuristischer Traum. Als Inspirationsquelle für „O’DD“ dienten Dahlberg die fantasievollen und abstrakten Geschichten von Sciene-Fiction-Filmen und -Büchern. Genau wie diese unbekannten Universen entzieht sich auch seine Akrobatik der Vorstellungskraft. Poetische Zauberei auf dem Trampolin, dynamische Ballbalance und schwindelerregende Kunststücke auf der Drehscheibe gehören zu seinen vielfältigen Fähigkeiten (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/odd).

Das Berliner Ensemble treibt der Lebensfrage aus dem Roman „Mein Name sei Gantenbein“ von Max Frisch danach, wer wir sind und wer wir sein könnten, auf die Spitze – und gibt der Zweifelhaftigkeit des modernen Menschen und der Abwägung von Wirklichkeit und Möglichkeit gleichermaßen eine Stimme. Auf der Bühne steht Matthias Brandt (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/mein-name-sei-gantenbein).

In „Hat schon gelb!“ erzählt Arnd Zeigler in bekannter Manier mit Filmeinspielern und Anekdoten und rückt dabei auch ein wenig seine eigene Fußballgeschichte in den Mittelkreis: wie es zu seiner wunderbaren Welt kam, welche Weggefährten ihn besonders geprägt haben und was die Faszination beim Fußball für ihn ist. Er nimmt das Publikum mit auf eine aufregende Reise durch seine Fußballwelt, durch alle Höhen und Tiefen, immer mit viel Humor und dem typisch ironischen Augenzwinkern, das alle aus „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ kennen und lieben (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/arnd-zeigler).

Mit dem „Folkwang Showcase“ laden die Ruhrfestspiele zum Entdecken und Staunen ein und verwandeln die Bühne des Theater Marl in ein buntes und aufregendes Schaufenster für den künstlerischen Nachwuchs der Region. Das Publikum bekommt einen einzigartigen und vielfältigen Theaterabend geboten, der sich aus den verschiedenen Disziplinen der Darstellenden Künste – Oper, Musical, Tanz, Schauspiel und Physical Theatre – und anderen Sparten der musikalischen Ausbildung zusammensetzt (www.ruhrfestspiele.de/programm/2022/folkwang-showcase-2022).


Alle Produktionen im Theater Marl im Überblick:

„Lamenta“ (Dauer: 1 Stunde, keine Pause)
Samstag, 7. Mai, 19 Uhr
Sonntag, 8. Mai, 18 Uhr
Montag, 9. Mai, 20 Uhr

„Die Pest“ (Dauer: 1 Stunde und 20 Minuten, keine Pause)
Freitag, 13. Mai, 20 Uhr
Samstag, 14. Mai, 19 Uhr
Sonntag, 15. Mai, 16 Uhr

„The Hills are Alive“ (Dauer: 1 Stunde und 30 Minuten, keine Pause)
Dienstag, 17. Mai, 20 Uhr
Mittwoch, 18. Mai, 20 Uhr

„Die Bullemänner“ (Dauer: 2 Stunden, inkl. Pause)
Freitag, 20. Mai, 20 Uhr

„Die Mitte der Welt“ (Dauer: 2 Stunden, 15 Minuten)
Dienstag, 24. Mai, 10.30 Uhr & 18 Uhr
Mittwoch, 25. Mai, 10 Uhr

„Circular Vertigo“ (Dauer: 50 Minuten, keine Pause)
Freitag, 27. Mai, 20 Uhr
Samstag, 28. Mai, 18 Uhr
Sonntag, 29. Mai, 18 Uhr
Karten 23 bis 27 Euro

„O’DD“ (Dauer: 1 Stunde, keine Pause)
Dienstag, 31. Mai, 20 Uhr
Mittwoch, 1. Juni, 20 Uhr
Donnerstag, 2. Juni, 20 Uhr
Karten 22 bis 34 Euro

„Mein Name sei Gantenbein“ (Dauer: 1 Stunde und 45 Minuten, keine Pause)
Samstag, 4. Juni, 20 Uhr
Sonntag, 5. Juni, 18 Uhr

Arnd Zeigler (Dauer: 2 Stunden, inkl. Pause)
Montag, 6. Juni, 15.30 Uhr

„Folkwang Showcase 2022“ (Dauer: 2 Stunden, inkl. Pause)
Freitag, 10. Juni, 20 Uhr
Samstag, 11. Juni, 15 Uhr & 20 Uhr

Karten für die Aufführungen im Theater Marl und alle weiteren Veranstaltungen der Ruhrfestspiele gibt es im Stadtinformationsbüro i-Punkt im Marler Stern (Tel. 99-4310, E-Mail: i-punkt@marl.de). Es gilt die 3G-Regel und Maskenpflicht. Neu in diesem Jahr ist das Pat*innenkartensystem, das Kindern und Jugendlichen Zugang zu Kultur- und Bildungsangeboten ermöglichen soll. Besucherinnen und Besucher der Ruhrfestspiele können im Webshop für 6,50 Euro Pat*innenkarten erwerben und damit finanziell benachteiligten Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an den verschiedenen Angeboten ermöglichen. 
 

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„Lamenta“ stellt die Frage, warum wir uns in unserer Gesellschaft von sozialen Ritualen und Traditionen abgewendet haben, die individuellen Gefühlen eine kollektive Sprache geben. Foto: Ruhrfestspiele / Héloïse Faure

"Die Mitte der Welt" ist ein überzeugendes Plädoyer für mehr Akzeptanz und Toleranz. Foto: Ruhrfestspiele / Sinje Hasheider