Bei dem neuen Löschfahrzeug handelt es sich um ein sogenanntes Waldbrandlöschfahrzeug, welches nun als Ersatz für ein 29 Jahre altes und bis dahin in mehr als 1000 Einsätzen erprobten Tanklöschfahrzeug beschafft wurde. Waldbrände haben in den vergangenen Jahren in ihrer Zahl und in ihren Auswirkungen zugenommen. Angesichts der derzeitigen Klimaveränderungen gehen Experten davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Die Bekämpfung von Wald- und Vegetationsbränden sind dabei ganz besondere Herausforderungen für die Feuerwehren.
Flexible Einsatzmöglichkeiten
Einsatzfahrzeuge stoßen durch ihr Gewicht und ihrer Größe bei Vegetationsbränden oft an ihre Grenzen. Die mangelnden oder fehlenden Zuwegungen von Wäldern oder Vegetationen machen es oft unmöglich, nahe genug an das Feuer heranzukommen, um dieses effektiv zu bekämpfen. Einsatzkräfte werden dann bodengebunden, mit manuellen Geräten, flexibel eingesetzt.
Wie hat sich die Feuerwehr Marl vorbereitet?
Im Kreis Recklinghausen gibt es eine spezielle Arbeitsgruppe, die sich seit 2022 insbesondere mit der Bekämpfung von Wald- und Vegetationsbränden auseinandergesetzt und ein Konzept zur Vegetations- und Waldbrandbekämpfung erarbeitet. Dazu zählt auch das Fahrzeugkonzept der Feuerwehr Marl. Dieses wurde den neuen Gegebenheiten angepasst und das neue Löschfahrzeug den besonderen Bedingungen angeglichen. Federführend zeichnete dabei noch Rüdiger Krumme verantwortlich.
Abholung aus Slowenien
Der ehemalige Stellvertretende Marler Feuerwehrchef ist mittlerweile pensioniert, bleibt der Freiwilligen Feuerwehr in Lenkerbeck aber erhalten. Er holte das mehr als 500.000 Euro teure Fahrzeug auch aus Slowenien ab, wo es produziert worden war. „Stellvertretend für alle, die bei der Ideengebung, Konzeption, Zwischenberichten und allen anderen Arbeiten mitgeholfen haben, möchte ich Rüdiger Krumme ganz besonders danken. Er hat das Fahrzeug quasi kreiert“, sagte Marls Feuerwehrchef Rainald Pöter. Und er hofft, dass sich die Einsätze in Grenzen halten und es niemals zu so schweren Waldbränden kommt wie beispielsweise in Südeuropa: „Und wenn doch, dann möchte ich allen Einsatzkräften mit auf den Weg geben: Kommt gesund zurück.“
Intensive Vorarbeiten
Bevor es überhaupt an den Bau des Feuerwehrfahrzeugs ging, bedurfte es einiger Vorarbeit. Neben der Anhörung und gemeinsamen Besprechung bezüglich des Fahrzeuges innerhalb der Feuerwehr Marl, bildete sich eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Vorbereitung der Ausschreibung und der Planung ab August 2021 befasste. Im ersten Halbjahr 2022 erfolgte dann die öffentliche Ausschreibung, so dass im Juni 2022 die Auftragserteilung erfolgte. Anschließend ging es an die Detailplanung mit dem entsprechenden Aufbauhersteller. So wurde unter anderem festgelegt, welche Geräte im späteren Fahrzeug verstaut, wie sie gelagert und entnommen werden können.
Fahrzeug wiegt rund 13 Tonnen
Nach knapp zweieinhalb Jahren der Planung, Auftragserteilung und Bauzeit übernahm nunmehr der Löschzug Marl-Lenkerbeck das neue, 6,65 Meter lange, fast drei Meter breite und bis zu 3,20 Meter hohe Waldbrandlöschfahrzeug im Rahmen einer kleinen Feierstunde. Insgesamt wiegt das neue „Baby“ rund 13 Tonnen.
Fahrzeugbeschreibung
Das von der Firma Rosenbauer auf einem geländegängigen Unimog aufgebaute Waldbrandlöschfahrzeug verbindet dabei optimale Geländegängigkeit mit sinnvoller Löschtechnik. Große Bodenfreiheit und kurze Überhänge sorgen für große Böschungswinkel und garantieren in Verbindung mit dem Allrad-Fahrgestell eine extreme Geländegängigkeit.
Neben dem 3.000 Liter großen Löschwasserbehälter befinden sich 200 Liter Schaum-mittel auf dem Fahrzeug.
Es gibt einen fernbedienbaren, fest montierten Frontwasserwerfer.
Bei langsamer Fahrgeschwindigkeit besteht die Möglichkeit, die Bekämpfung von
Feld-, Busch- und Waldbränden vom fahrenden Tanklöschfahrzeug mit der sogenannten „Pump & Roll-Funktion“ durchzuführen.
Auf dem Dach befindet sich ein formstabiler Schlauch mit angeschlossenem Hohlstrahlrohr. Über eine Dachluke ist es so zusätzlich möglich, einen Brand zielgerichtet zu bekämpfen.
Das Fahrzeug besitzt eine Selbstschutz-Sprühanlage mit Frontsprühdüsen im Bereich unterhalb der vorderen Stoßstange, die bei der Übergabe bereits eindrucksvoll vorgeführt wurden. Die nach vorne gerichteten Düsen ermöglichen bei langsamer Fahrt unmittelbar vor dem Fahrzeug liegende Bereiche großflächig und gleichmäßig mit Wasser zu beaufschlagen. Neben der Funktion als Eigenschutz ist bei Vegetationsbränden bspw. auch die schnelle Bewässerung großer Flächen möglich, um eine Ausbreitung des Feuers zu verhindern.
Schutzbekleidung
Besonderer Fokus wurde auch auf die Schutzbekleidung der Einsatzkräfte gelegt und den speziellen Anforderungen im Bereich der Waldbrandbekämpfung angepasst. Grundlage hierfür bildete die Fachempfehlung des Fachausschusses Technik der deutschen Feuerwehren.
Im Speziellen wurde eine neue Einsatzjacke beschafft, die leicht und atmungsaktiv ist, um die Gefahr der Überhitzung durch Hitzestau der Einsatzkräfte zu minimieren.
Ein multifunktionaler Schutzhelm mit zusätzlicher Schutzbrille, ergänzt durch einen Schutzschal mit integriertem Partikelfilter, komplettiert die vorzuhaltende Schutzbekleidung.
Arbeits- und Löschgerät
Arbeitsgeräte für die Vegetationsbrandbekämpfung befinden sich in den Gerätefächern und auf dem Dach.
Speziell zur Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung wurden Schlauchtragekörbe mit Schläuchen, Strahlrohren und einem Verteiler aufgerüstet, so dass das erforderliche Einsatzmaterial übersichtlich und direkt griffbereit transportiert werden kann.
Feuerpatschen, Spaten und Dunghacken werden durch mobile Löschrucksäcke, MCLeod Tool, Pulaski Axt und Spalthammer ergänzt.
Ein ausziehbares Hygienebord ermöglicht im Anschluss der Löscharbeiten eine zeitnahe Grobreinigung der Einsatzkräfte.
Wegen seines hohen Spezialisierungsgrads kann das Waldbrandlöschfahrzeug – bei entsprechender Einsatzlage – auch überörtlich eingesetzt werden.