Die Kläranlage an der Otto-Haarmann-Straße in Marl wurde 1964 gebaut und 1993 erweitert. Seitdem sind etliche Anlagenkomponenten in die Jahre gekommen. So sind die drei „Förderschnecken“, die das Abwasser aus dem Kanalnetz in die Kläranlage befördern, verschlissen und sollen durch neue, elektronisch gesteuerte Bauteile ersetzt werden. Im Belebungsbecken – dem „Herz“ der biologischen Kläranlage – müssen Maschinen und Elektrotechnik erneuert werden. Dazu zählen neben Armaturen und Gebläse das Belüftungssystem und die Rührwerke, die das Wasser im Klärbecken umwälzen und Sauerstoff zuführen. So werden die Mikro-organismen in die Lage versetzt, die im Wasser gelösten Schmutzstoffe abzubauen.
2,5 Mio. kostet die Elektrik
Der größte Kostenblock ist mit 2,5 Mio. Euro die Elektrik. Die elektrotechnischen Anlagen und somit die gesamte Mess- und Automatisierungstechnik auf der Anlage haben ihre technische Lebensdauer erreicht und müssen Zug um Zug erneuert werden.
Energieerzeugung aus Klärgas wird effizienter
Wirtschaftlich und ökologisch interessant ist die Erneuerung des aus dem Jahr 1993 stammenden Blockheizkraftwerks, in dem aus dem anfallenden Klärgas Strom und Prozesswärme zur Heizung der Anlage erzeugt wird. Auch dieses hat nach über 20 Betriebsjahren seine technische Lebensdauer erreicht. Bei der Erneuerung soll die Nachfolgeanlage aber zugleich deutlich effizienter auf eine elektrische Leistung von 120 kW ausgelegt werden. Die Erneuerung des Anlagenlabors und der Werksstraßen runden das Programm ab.
Unter laufendem Betrieb durchgeführt
Weil alle Arbeiten unter laufendem Betrieb durchgeführt werden, ist die auf fünf Jahre angesetzte Bauzeit nicht ungewöhnlich. Denn die Kläranlage kann niemals abgeschaltet werden, so dass auch bei der Erneuerung von Komponenten immer ein provisorischer Betrieb aufrechterhalten werden muss.
Wo geht das gereinigte Wasser hin?
Über den Ablauf der Kläranlage fließen bis zu 580 Liter Wasser pro Sekunde in den Weierbach und von da aus weiter in die Lippe. Neben der Kläranlage Marl-West betreibt der Lippeverband in Marl zwei weitere Kläranlagen, Marl Ost mit 55.000 und Marl-Lenkerbeck mit 26.000 Einwohnerwerten.
Was ist ein „Einwohnerwert“?
Wer bis hierhin mitgerechnet hat, wird sich vielleicht fragen: 64.000 + 55.000 + 26.000 = 135.000 Einwohnerwerte – hat Marl denn überhaupt so viele Einwohner? Nein, nach der neusten Statistik waren es Ende Mai genau 86.943 Menschen. Die Erklärung liegt einfach darin, dass durch den „Einwohnerwert“ die Leistungsfähigkeit einer Kläranlage in einer einzigen Zahl ausgedrückt werden soll. Damit dies möglich ist, wird das in einer Kommune anfallende Gewerbeabwasser z. B. von Bäckereien oder Autowaschstraßen umgerechnet in die entsprechende Menge von häuslichem Abwasser. Dies wird dann zu der Abwassermenge der tatsächlichen Einwohner hinzugerechnet.