Intensive Fernseh-Arbeit für die Marler Gruppe

Die Marler Gruppe ist seit mehr als 50 Jahren ein Stück gelebte Medienkompetenz. Bis zu 30 Menschen aus allen Altersgruppen, Berufen und Milieus treffen sich das ganze Jahr über, um gemeinsam Programm zu sehen und zu diskutieren. Auch beim diesjährigen Grimme-Preis war das Urteil der Marler Fernseh-Jury wieder gefragt.

Fernseh-Arbeit während der Pandemie

Aus der großen Marler Gruppe ist auch in diesem Jahr wieder eine zwölfköpfige Publikumsjury beim Grimme-Preis gebildet worden, die neben den Jurys aus Medienkritik und Wissenschaft tagte und einen eigenen Preis vergibt. 37 Stunden Fernsehen, 20 Produktionen und unterschiedliche Formate standen für die Marler Gruppe beim Grimme-Preis 2021 auf dem Arbeitsprogramm. „Wegen Corona haben wir erstmals von zu Hause aus gearbeitet. Vier Wochen lang und nach freier Zeiteinteilung“, erklärt Kurt Langer, Sprecher der Marler Gruppe. Dabei sei insbesondere „der gewohnte Austausch“ innerhalb der Publikumsjury nicht möglich gewesen.

"Vergleichsweise schnörkellose Dokumentation"

Auf ihrer Reise um die halbe Fernseh-Welt hat es sich die Marler Gruppe nicht leicht gemacht. Am Ende der intensiven Online-Diskussion gab es eine deutliche Mehrheit für die Dokumentation „Afghanistan. Das verwundete Land“ (NDR/ARTE) als Preisträger fest. „Der Film ist eine vergleichsweise schnörkellose Dokumentation. Ganz ohne dokufiktionale Zutaten, dafür in bester traditioneller Machart“, resümiert Kurt Langer. Seit mittlerweile mehr als 40 Jahren herrscht in Afghanistan Krieg, dessen verheerende Zerstörungen seither das Bild des Landes prägen. Kurt Langer: „Die Filmemacher nehmen uns mit auf einen historischen Exkurs, wie die Zuschauerinnen ihn nicht so oft zu sehen bekommen. Wir erleben ein Lehrstück, ohne dass wir das Gefühl haben, belehrt zu werden“.

Preisgekrönte Dokumentation

Die preisgekrönte Dokumentation über Afghanistan zeigt ausgehend von den 60er-Jahren zunächst das damals gesellschaftlich geteilte Land. Von der anfänglichen Ruhe im Königreich verfolgt der Zuschauer den Weg zu einer sozialistischen Revolution und Diktatur, die zum Eingreifen der Sowjetunion führt. Mit den von den USA gelieferten Waffen führten die verschiedenen ethnischen Gruppen der Mujaheddin anschließend einen blutigen Bürgerkrieg – bis zum direkten Eingreifen der USA. Der Film zeigt ein Afghanistan in einer Phase des Fortschritts und des Friedens, bevor das Land aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in einem nicht mehr enden wollenden Krieg versank.

"Fühlen uns als mündige Zuschauer"

„Selten ist dem interessierten Publikum der verhängnisvolle Zusammenhang der Verstrickung fremder Mächte in innenpolitische Konflikte einer Region klarer in der Bildsprache, spannender im Aufbau und analytischer in den Aussagen vor Augen geführt worden, dabei aber Zurückhaltung übend in der Bewertung. Wir fühlen uns als mündige Zuschauerinnen und Zuschauer ernst genommen“, schreibt die Marler Gruppe in ihrer Preisbegründung abschließend. Mit dem Grimme-Publikumspreis der Marler Gruppe ausgezeichnet werden Claire Billet (Buch), Lucio Mollica (Buch/Producer),Mayte Carrasco (Buch/Regie) und Marcel Mettelsiefen (Buch/Regie/Kamera).

Arbeitsgemeinschaft der Marler Volkshochschule

Die Marler Gruppe wurde 1968 als ständiger Fernseharbeitskreis des Bildungswerks „die insel“ von seinem Leiter Bert Donnepp gegründet. Heute ist sie eine Arbeitsgemeinschaft der Marler Volkshochschule „die insel“. Im Rahmen des Grimme Preises konstituiert sich eine Teilgruppe unter dem gleichen Namen als Jury und vergibt seit 1990 einen Publikumspreis – in der Regel abwechselnd in den Kategorien „Fiktion“ und „Information & Kultur“. Sprecher der Gruppe sind seit 2016 Mark Blumberg und Kurt Langer.

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Die Marler Gruppe, die Publikumsjury des Grimme-Preises, besteht seit mehr als 50 Jahren. Foto: Grimme Institut