"Ich wollte Solidarität, aber kein Mitleid"

Erstellt von Daniel Rustemeyer | |   Stadtportrait

Seine Freunde nennen ihn „Robbe". Und „Robbe" pilgert. Zuletzt von Marl nach Rom. Zu Fuß. Mit Rucksack und Zelt. „Ohne großen Luxus", wie er selbst sagt. In 81 Tagen legte er 2.500 Kilometer zurück. Dabei sei von Anfang an „der Weg das Ziel" gewesen. Der Weg und die Krankheit ALS, auf die der Marler Robert Kik aufmerksam machte.

Robert Kik, 47 Jahre alt, ist zu Fuß von seiner Heimatstadt nach Rom gepilgert und vor wenigen Tagen zurückgekehrt. Mit seiner Pilgerreise hat er auf die Situation der Menschen aufmerksam gemacht, die an der unheilbaren Amyotrophe Lateralsklerose (kurz ALS) erkrankt sind, einer degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems. Bürgermeister Werner Arndt hat Robert Kik heute (1.10.) im Rathaus begrüßt. Das Stadtoberhaupt kennt den Pilgerer seit 30 Jahren und dankte ihm für seine "Mission", die er auch als „Repräsentant der Stadt Marl" angetreten sei. „Ich kenne Robert Kik seit vielen Jahren persönlich und ziehe meinen Hut davor, dass er auf seiner Reise nach Rom über eine tückische Krankheit aufmerksam gemacht hat, mit der viele Menschen zunächst nichts anfangen können", so Werner Arndt. „Dass er auf seinem Weg so vielen Menschen „seine Geschichte' erzählt hat, ist bemerkenswert und verdient höchste Anerkennung".

Geschichte von Robert Kik

Die Geschichte von Robert Kik beginnt im Mai 2008, als der Vater an ALS erkrankt. Von heute auf morgen war alles anders: Muskeln entwickelten sich zurück, dem Vater, inzwischen an den Rollstuhl gefesselt, fiel auch das Sprechen von Tag zu Tag schwerer. Im Dezember 2009 starb der Vater von Robert Kik an den Folgen von ALS und die Familie fand schnell Halt in der Selbsthilfegruppe der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM). Robert Kik lernte dort, in Sprockhövel, Dagmar Nitsch-Musikant kennen. Sie betreut die Gruppe bis heute als Kontaktperson. Fortan nahm alles seinen Lauf. Robert Kik wollte sich engagieren. Er wollte mehr als nur über die Krankheit sprechen. Er wollte aufklären, wollte aufmerksam machen. Aufmerksam machen auf eine Krankheit, die für viele Menschen noch immer ein Fremdwort ist.

"Robbe" pilgert

Am 1. Juli dieses Jahres schnürte „Robbe" seine Wanderschuhe und machte sich von Marl aus auf den Weg nach Rom - auf „seinen Weg". Unterstützt wurde er von Familie und Freunden. Robert Kik ist Techniker und selbstständig. Früher war er Bergmann auf Auguste Victoria. Heute hat er ein kleines Dienstleistungsunternehmen. „Dort kann nicht einfach Stillstand herrschen", so „Robbe". „Die Reise musste ja irgendwie finanziert werden. Ohne die Unterstützung von Freunden und Familie wäre das nie möglich gewesen". Daher übernahmen andere die Miete, halfen in der Firma aus oder statteten „Robbe" mit Schuhen, Kleidung oder Zelten aus. Und dann ging es endlich los.

"Offenes Ohr für mein Anliegen"

In Essen verbrachte er die erste Nacht. "In einer koreanischen Einrichtung", so "Robbe". Dort empfing man den Marler sehr freundlich und zuvorkommend. Man bot ihm Unterschlupf. „Wie so oft auf meiner langen Reise", erzählt Robert Kik im Rathaus. Die größeren Stationen: Köln, Bad Nauheim, Frankfurt, München, Kitzbühl, Sand in Taufers, La Verna, Assisi, Poggio Bustone und schließlich Rom. Dazwischen: „Viele freundliche Menschen, die für mich und mein Anliegen ein offenes Ohr hatten", freut sich „Robbe".

"Neue Eindrücke und herzliche Menschen"

Auf die Frage, ob er auf "seinem Weg" nach Rom viel erlebt hätte, antwortet "Robbe": „Viele neue Eindrücke und herzliche Menschen". Robert Kik hat das geschafft, was er sich von Anfang an vorgenommen hatte: So viele Menschen wie möglich treffen und sie über ALS aufklären. Über die Krankheit aufklären, die er zu „seiner Geschichte" gemacht hat. Dazu gehörte auch, dass die Menschen Solidarität zeigen sollten zu „seiner Geschichte". „Ich wollte Solidarität, aber kein Mitleid", erklärt Robert Kik heute. Darüber habe sich schon sein Vater zu Lebzeiten aufgeregt. Aber solidarisch hätte man sich auf seiner Reise öfters gezeigt. „In Kitzbühl habe ich jetzt sogar einen Fanclub, der im Internet auf mich und meine Botschaft aufmerksam macht".

"Robbe" auf Facebook

Und auch „Robbe" selbst stellt sich und seine Botschaft im Netz vor. Bei Facebook konnten Interessierte z.B. seine Pilgerreise Tag für Tag mitverfolgen. Sein Freund Jens Heise hat ihm beim Anlegen der Seite geholfen und ein sehenswertes Comic als Titelbild entworfen. Heise leidet selbst an MS (Multiple Sklerose) und berichtete über „Robbes" Reise im Internet auf „Rollingplanet", einem Onlinemagazin für Behinderte, Senioren und Freunde. Robert Kik wird am Tag der Deutschen Einheit (3.10.) auf dem VolksParkFest in Marl ein Interview auf der Bühne geben. Auch dann wird er wieder "seine Geschichte" erzählen.

Mehr Informationen...

...zu Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) finden Sie im Internet unter www.dgm-nrw.de und auf www.dgm.org .

 

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Robert Kik (Mitte) erzählte Bürgermeister Werner Arndt (links) von seiner Pilgerreise nach Rom im Rathaus. Jens Heise (rechts) begleitete ihn dorthin und entwickelte ein sehenswertes Comic für Kik's Facebook-Seite.

Robert Kik und sein Pilgerpass: In 81 Tagen legte er 2.500 Kilometer zurück und sammelte in zahlreichen Unterkünften und Orten fleißig Stempel.