Dort wird um 15 Uhr die Ausstellung „SUV und White Trash" von Folke Köbberling und Martin Kaltwasser eröffnet: Eine Gelände-limousine wird sich künftig den Rathausbesuchern und den Paaren auf ihrem Weg zum Standesamt breit entgegen stellen. Die Arbeit ist bis zum 31. Oktober 2010 zu sehen. Interessierte und Neugierige sind herzlich willkommen.
42 Künstlerinnen, Künstler und Künstlerpaare haben sich auf ein Experiment einge-lassen: Sie waren bereit, an einer Zulosung teilzunehmen, bei der sie jeweils einer von 42 Mitgliedsstädten des Kultursekretariats NRW Gütersloh zugeteilt wurden. Niemand wusste, wohin die Reise ging, bekannt war nur die Aufgabenstellung. Es ging darum, die Stadt zu bereisen und zu erkunden, was für die Einwohner alltäglich ist, dem fremden Künstler aber ins Auge fällt. Gefragt war ein künstlerischer Blick, der eine Alltäglichkeit dazu erwählt, Kunstwerk zu werden. Diese Alltäglichkeit konnte unterschiedlichster Natur sein: architektonisch oder situativ, soziologisch, strukturell oder prozesshaft-kommunikativ. Wichtig war die Auswahl und der interventionistische Eingriff des Künstlers in diese Alltäglichkeit oder in deren Kontext.
Einblicke in die künstlerische und kommunale Vielfalt
Das Kultursekretariat NRW Gütersloh ist federführende, fördernde sowie einladende Institution und begleitet BLICKWECHSEL kuratorisch und organisatorisch. Zentral für die Aufgabenstellung des Ausstellungsprojektes waren naturgemäß die Mitarbeiter in den Städten, die die Künstler empfingen, ihnen die Stadt vorstellten und mit ihnen an den Ideen und deren Umsetzungen feilten. Nur die Mitarbeiter der Städte, seien sie aus den städtischen Kulturämtern, den dortigen Kunstvereinen oder andere Enga-gierte besaßen die notwendige Ortskunde, um den Künstlern kompetente Ansprech-partner zu sein. Denn eine entscheidende Rolle im Konzept von BLICKWECHSEL kommt den Eigenheiten der Städte zu. Jede Stadt hat etwas, was einem Künstler Anregung sein kann und was geradezu nach einem künstlerischen Kommentar oder Eingriff verlangt. Für BLICKWECHSEL sind zumeist im öffentlichen Raum Interventionen entstanden, die etwas Unauffälliges herausstellen, die Details in ihren Kontexten weiterdenken, Arbeiten, die ironisch kommentieren oder eine Absurdität aufdecken, aber auch Absurdes zeigen.
BLICKWECHSEL bildet ein großes Spektrum dessen ab, was momentan in der zeitgenössischen Kunst aktuell ist. Das Ausstellungsprojekt vereinigt dabei Künstler, die mehrheitlich in den 1960er und 1970er Jahren geboren sind und künstlerisch über rein bildhauerische Positionen hinausgehen. Ziel ist nicht die dauerhafte Installation, sondern der temporäre Eingriff. Sowohl im Falle eines stationären Kunstwerkes wie auch dem einer temporären Intervention ist nämlich auch die Zeit nach der Präsentation interessant, wenn nichts mehr zu sehen sein wird. Die Wirkung ist ähnlich der bei einem Vexierbild: Hat man einmal das zweite Bild im Vexierbild erkannt, wird man eine Zeit lang zwischen dem ersten und dem zweiten Bild hin- und herwechseln können. Das Kunstwerk verschwindet, der BLICKWECHSEL bleibt.
Engagement der Künstler und Städte
Dass das Experiment BLICKWECHSEL gelungen ist, ist dem Engagement auf Seiten der Künstler und der Städte zu verdanken - ein positives Beispiel für die Chancen und Synergiewirkungen kultureller Zusammenarbeit in NRW. Gleichzeitig führt das Ausstellungsprojekt ein Merkmal dieses Bundeslandes vor Augen, das bei der medialen Konzentration auf wenige Metropolen manchmal zu kurz kommt: Es ist die dezentrale Vielfalt NRWs, eine Mannigfaltigkeit, die sich auch in den vielen Ein-zelprojekten von BLICKWECHSEL spiegelt.