Dass die satten Riffs von „Bring Your Own Beer“ auf Anhieb ihre Wirkung entfalteten, war auch dem stundenlangen Soundcheck vorher zu verdanken. Denn angehende Profis wie diese Marler Band überlassen nichts dem Zufall. Gut bleibt man nur so lange, wie der heiße Wunsch, noch besser zu werden, lebt. Ein frenetisches „Lightning In The Bottle" eröffnete die Show und auch das folgende „Chasing That 21" stellte unmissverständlich klar: Hier bekennt sich eine Band zu ihren Wurzeln, die unter anderem beim Erbe von Jimi Hendrix oder Stevie Ray Vaughan liegen und die sich heute viele Spielarten harter Rockmusik überlegen einverleibt. Virtuos, laut, schweißtreibend und auch sehr bewegungsfreudig geht es auf der Bühne zur Sache: Florian Putz' reiche Gitarren-Sounds breiten sich mächtig aus und solieren, dass die Funken sprühen, während Christian Recliks expressive Stimme und Bühnenpräsenz den Raum bis zur Oberkante mit Energie anfüllt. Die Rhythmusgruppe, bestehend aus Philipp Pfetzing am Bass und Finn Wenzel, Drums, sorgt für Vortrieb, vor allen in fetten Uptempo-Nummern wie „Blues On My Mind" oder dem abwechslungsreich komponierten „Sinner".
Freundschaft zu viert
Filmeinspielungen ließen das zahlreich erschienene Publikum in die Story der Band eintauchen. Zu sehen ist der noch ganz junge Florian Putz, der bei Musikschulleiter Markus Heck Gitarrenunterricht nahm. Heck war es auch, der Florian ermunterte, sich endlich eine E-Gitarre zu Weihnachten zu wünschen. Später wurde die denkmalgeschützte Aula der Scharounschule zum wohl exklusivsten Probenraum, den eine junge Band ergattern kann. Der Rest ist Geschichte – und die führte unlängst in die weltberühmten Abbey Road Studios, wo Bring Your Own Beer eine Mini-EP aufnahmen. Auch da schließen sich wieder Kreise: „Come togehter“, welches die Beatles einst dort aufnahmen, haben „BYOB“ auch in ihrem Programm und ließen es an diesem Abend erklingen – aber ihre eigene Neubearbeitung hat einfach viel mehr Dreck unter den Fingernägeln als das Original.
Was könnte die gewachsene Freundschaft zu viert besser ausdrücken als die große Freundschaftshymne „Song to Remember", mit der natürlich ebenfalls die Aula gerockt wurde? Über gemeinsame Augenhöhe war im Gespräch mit Florian Putz kurz vorm Gig die Rede: „Alles ist hier total demokratisch. Wir nehmen Diskussionen in Kauf und die Meetings können auch gerne mal zwei Stunden gehen. Jeder ist mit diesem Projekt verbunden und steht voll dahinter."
Dankbarkeit lag in den Worten des Videostatements von Markus Heck, der heute die Musikschule der Stadt Marl leitet und wo eben alles, was er den Jungs beibrachte, auf so fruchtbaren Boden fiel. Solche Resultate sind kostbar – weil eben doch sehr selten, da es Kontinuität und auch Förderer braucht. Für die Stücke Devilish Desire, Come Together und den Slide-Blues One Armed Bandit nahmen sie dann auch Markus Heck als Gastmusiker in ihre Mitte, der sich spielfreudig der gemeinsamen Sache annahm. Auch der Betreiber des Mainstreet Studios in Marl kam per Video zu Wort, der den vieren schon früh die Hausaufgaben des Produzierens lehrte. Fast noch wichtiger als die ganzen technisch-musikalischen Skills war auch hier jener menschliche Input, den Fred J. Ewelt den jungen Musikern weitergab, um das künstlerische Selbstbewusstsein zu stärken. Das Stück Fortuneteller lieferte in einer Version als Pianoballade mit Achim Thieken am Flügel einen besinnlichen Kontrast – im Gedenken an ihren verstorbenen Tourbus-Fahrer Jörg. Ausführlich schilderten weitere Videos den Konzertalltag auf Tour, immerhin wurde schon eine Deutschland-Tournee realisiert. Auch großes Finale war schließlich jene melodiöse Bombast-Hardrock-Nummer namens „Oath", welche in London aufgenommen wurde.
Hungrig bleiben
Die Musikschule hat sich mit dieser Show wieder einmal an einem neuen Präsentationsformat erfolgreich abgearbeitet. Man kann davon ausgehen, dass „Bring Your Own Beer“ trotz aller Erfolge weiter hungrig bleiben. Die nächsten Projekte stehen auf jeden Fall: Anfang des kommenden Jahres erscheint das erste „richtige“ Album. Und weil der Slogan „Back to the roots“ so ernst genommen wird, soll die neue Platte auch als Vinyl-Album erscheinen.