Das Gericht ließ heute (22. Juni) in der mündlichen Verhandlung zwar erkennen, dass es die vom Kreis und seinen Städten vorgetragenen Argumente für gewichtig hält, gab aber keine Hinweise auf den Ausgang des Verfahrens.
„Wir müssen die Urteilsverkündung abwarten, um daraus die nächsten Schritte abzuleiten. Der Verfassungsgerichtshof hat zumindest unseren Vortrag sehr ernst genommen. Es gibt keine auskömmliche Finanzausstattung für die Wahrnehmung der uns übertragenen Aufgaben. Deshalb erwarten wir vom Land, dass es - unabhängig vom Tenor des späteren Urteils - die heutige Verhandlung als Grundlage nimmt, um eine gerechtere Verteilung der Finanzen zu unseren Gunsten umzusetzen", sagte Landrat Cay Süberkrüb nach der mündlichen Verhandlung in Münster.
Für Kreisdirektor und Kämmerer Roland Butz ist die Klage schon deshalb erfolgreich, weil es inzwischen mehrere wissenschaftliche Gutachten gebe, „in denen die von uns vorgebrachten Punkte, insbesondere die Finanzierung der Soziallasten und der Systemfehler im Kreisfinanzausgleich, bestätigt werden". Butz: „Wir dürfen davon ausgehen, dass es diese Gutachten ohne unsere Verfassungsbeschwerde nicht gegeben hätte".
Zum Hintergrund: Der Kreis Recklinghausen und die zehn kreisangehörigen Städte klagen gemeinsam gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz NRW ab dem Jahr 2008. Alle Versuche, die Fachebene und die Politik auf die Misere hinzuweisen, waren zuvor fehlgeschlagen. Prof. Dr. Martin Junkernheinrich von der TU Kaiserslautern hat im Auftrag des Kreises Recklinghausen ein 350 Seiten umfassendes Gutachten für das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof erarbeitet. Darin stellt er heraus, dass es die Landesregierungen über Jahrzehnte hinweg versäumt haben, die tatsächlichen Belastungen der Städte aus Sozialausgaben, Arbeitslosigkeit und Strukturwandel im kommunalen Finanzausgleich angemessen zu berücksichtigen. Dadurch würden der Kreis und seine Städte in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt. Zudem deckt Prof. Junkernheinrich „Systemfehler" im Finanzausgleich auf. Nach seiner Berechnung hat dies für den Kreis Recklinghausen insgesamt zu einer Benachteiligung von mehr als 360 Mio. Euro geführt.